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Mittwoch, 10. September 2008

Grobstolliges Hullahup

Im Schritttempo rolle ich weiter…Abgasgeruch, quietschende Reifen, Frustration. Ich komme durch diese Lücke nicht durch und im Gegenverkehr ist es Selbstmord. Es ist heiß … sehr heiß. Ich habe Durst und spüre die wachsende Dehydrierung. Aber ich zwinge mich weiter. Nur noch ein paar Kilometer. Es kann nicht mehr weit sein. Mein Benzintank gast aus. Ich kann die aufsteigenden Blasen im Entlüftungsschlauch sehen. Der Kühlerrotor geht unermüdlich. Ich bin unter der Kombi nass. Und es läuft hier und da eine Schweißperle in Richtung Handschuh oder Hosenbein. Wie lange wird die Kupplung dieses Stopp und Go noch ertragen?
Dann nach der nächsten Abbiegung eine freie Straße… ich gebe Gas! Der aufkommende Fahrtwind kühlt so schön! Dann wieder stehen…anfahren…stoppen.
Als ich endlich in meine Zielstraße einbiegen will, stoppt mich eine Bauabsperrung…die gesamte Straße ist frisch geteert. Ok, wie komme ich auf die andere Seite der Straße? Ich korrigiere das Ziel im Navi. Los geht’s! Oh, nein! Hier kann ich nicht rechts abbiegen. Und die nächste auch nicht! Verdammt, ein Einbahnstraßensystem bei 35 Grad im Schatten und 300 km Tagesdistanz im Rücken! Gut, also das Männer- oder Memmen-Spiel! Immer wieder gern!!!
Nach 3 Kilometern Umfahrung bin ich an der nächsten möglichen Einbiegung…wieder Baustelle. Aber ein Bauarbeiter sieht wohl meinen frustrierten Blick und rückt kurzerhand die Plastikabsperrungen weg. Ich passiere und finde mein Hostel. Nur ein Bett frei? Yupp, das ist meins! Natürlich ist das Tor zum Hof zu klein und ich bin gezwungen einen Koffer abzubauen. Ich nehme eine Dusche und laufe Richtung Innenstadt. Will eigentlich zu einem Italiener, der mir im Hostel empfohlen wurde.
Oh nein, ein Zeichen des Satans…die goldenen Bögen (Mc Donalds). Da will ich doch nicht mehr hin, wegen dieser ganzen weltweiten Gleichmacherei. Na gut, dann verteile ich meinen Boykott und gehe zu KFC daneben. Mmmhhhh, ein halber Liter Coke …eiskalt und tote Hühnerteile im Wrap.. Ich lebe auf.
Willkommen in Bukarest!

Die Woche davor

Eine Frau begrüßt mich an einer Ampel in Brasov mit: „Hallo, wir haben auch so eine Maschine! Wo soll es hingehen?“. Ovi, ihr Mann, holt extra seine Maschine aus der Garage um mich zum Hostel zu begleiten. Die gesamte Straße in der Altstadt sieht aus wie eine Mondlandschaft, da sie gerade komplett aufgerissen ist. Wir haben Mühe hindurch zu fahren. Danke Ovi! Im Hostel schlafe ich in einem winzigen Raum allein. Das war wohl mal die Küche, denn die Wände sind gefliest und ein Wasserhahn ist auch noch da.
Es hält mich nicht lange in Brasov und ich fahre weiter nach Sighisoara. Das Hostel in der Zitadelle ist voll und ich komme in einer privaten Pension unter. Ich nehme mir einen ganzen Tag um die kleine Stadt zu besichtigen. Ich find’s schön hier. Auch wenn innerhalb der Zitadelle keine Straße gepflastert ist. Hinter der Kirche, die auf dem höchsten Punkt steht, ist ein überwucherter deutscher Friedhof. So viele deutsche Namen. Klar, ich bin in Siebenbürgen. Und Sighisoara heißt im Deutschen Schäßburg. Vieles haben die Siebenbürger Sachsen, die bis ins 14-Jhd. einwanderten, an Deutscher Sprache hier gelassen.
Auf dem Weg nach Sibiu, dem deutschen Hermannstadt, mache ich Halt bei den sächsischen Wehrkirchen der Region. Ich fahre nur zwanzig Kilometer abseits der Hauptverbindungsstraße und doch scheinen es Welten zu sein. Die Landschaft ist hügelig und zumeist für die Viehhaltung in Benutzung. Das Gras ist gelb. Es muss schon eine ganze Zeit nicht geregnet haben. Die Dörfer sind anders als im Norden. Es gibt keine Holzhäuser, wenig Gipsies. Nicht sehr viele Häuser sind neu gemacht. Wenige Menschen sitzen am Straßenrand.
In Sibiu finde ich Unterschlupf im Old Town Hostel. Ich nehme mir Zeit die Stadt anzuschauen und bleibe drei Nächte. Hier gibt es viele schöne Gebäude und sogar eine große evangelische Kirche. Aber auch die orthodoxe Kirche kann sich sehen lassen. Auf einer breiten zentralen Straße mit vielen Straßenkaffees kann man am Abend herrlich sitzen. Die streunenden Hundebanden, die sich ab und an in der Wolle haben, stören nicht weiter.

Angeblich ist die Transfagarasan Road über die südlichen Karpaten eine der schönsten Strecken zum Motorradfahren weltweit. Nun, ich habe noch nicht alle Konkurrenzrouten gesehen aber diese hat definitiv viele Höhenmeter und Kurven. Der höchste Punkt liegt über 2000 Meter hoch und bietet dramatische Ausblicke nach Norden. Auf dem Weg nach unten sehe ich ein paar Gleitschirmflieger. Das muss unglaublich sein hier zu fliegen.
Eigentlich will ich in Curtea de Arges übernachten aber der Ort gefällt mir überhaupt nicht und ich finde auch auf die Schnelle kein Hostel oder einen Campingplatz. Ich entschließe mich schließlich die 160 km nach Bukarest durchzuziehen. Kurz vor Bukarest ist der Himmel eigenartig verfärbt. Hinter mir sowie östlich und westlich ist alles in Ordnung. Südlich , also über Bukarest, hängt eine gewaltige Smog-Glocke.

Don’t die in Bukarest

Um es vorweg zu nehmen. Bukarest ist hässlich. Vom ehemaligen „Paris des Ostens“ ist nach dem Kommunismus nicht viel übrig geblieben. Das Stadtbild wird von grauem Beton beherrscht. Stadtplanung ist ein absolutes Fremdwort. Neben unsanierte Jugendstilvillen wurden unmittelbar zehngeschossige Wohnhäuser gesetzt. Die Hauptstraßen sind ständig verstopft und Erdleitungen für Strom und Telekommunikation sind zumeist gegen eine „Wurfverdrahtung“ am Straßenrand getauscht. An vielen Ecken riecht es nicht unbedingt lecker. Klar, ein- bis zweihunderttausend Straßenhunde hinterlassen kein Channel Nr. 5. Für den Parlamentspalast hat Ceaucesku ein Sechstel von Bukarest platt machen lassen (Wohnhäuser, Schulen, Kirchen, Alles!). Direkt auf dieses zweitgrößte Gebäude der Welt (nach dem Pentagon) zu, führt eine riesige Prachtstraße mit Springbrunnen. Keinen Zweifel bzgl. des „leicht“ übersteigerten Egos von Ceaucesku hinterlässt dann die geführte Tour im Palast. Der Herr dachte wohl er ist Ludwig der 16! Riesige Empfangshallen mit Kronleuchtern aus Kristall, Böden aus Marmor und Tapeten aus Seide sind nur ein paar Details. 20-tausend Arbeiter haben von 1984 – 1989 in drei Schichten rund um die Uhr gearbeitet um dieses Gebäude zu errichten. Als die in Rumänien nicht friedliche Revolution anfing, war der Bau zu 90 Prozent vollendet. Wie viel der Bau gekostet hat, weiß keiner. Dies ist schwierig zu schätzen, da der Herr Genosse viele Dinge erst einmal aufbauen lies, um sie bei Nichtgefallen mehrfach wieder abreißen zu lassen (das gilt für ganze Räume). Schätzungen belaufen sich auf 2 Milliarden US-Dollar.
Die zügige, stahlmantelgestützte Perforierung seiner Person, sowie die seiner Frau Elena, Ende 1989 empfinde ich persönlich als einen Sieg der Geschichte!
Ich jedenfalls möchte nicht, dass meine Asche in Bukarest verstreut wird!

Grobstolliges Hulahupp und mehr Verrückte mit einem Plan

Ich bleibe in Bukarest. Der Grund dafür ist, dass ich ein paar neue Reifen brauche und nicht sicher bin, ob ich diese in Sofia bekomme.
Also ins Internet und den Generalimporteur für Conti-Reifen herausgesucht. Los geht’s durch ein Drittel der Stadt. Bei Nummer 33 der im Internet genannten Straße befindet sich aber eben kein Shop, sondern ein mehrstöckiger Wohnbunker. Die Leutchen wissen auch nix. Ich schaue mich weiter um und halte zwei Straßen weiter bei einem Auto-Händler mit einem Motorrad vor der Tür. Der Chef spricht Englisch und meint kurz „take a seat“. Er fängt an zu telefonieren und hat nach einem halben Dutzend Telefonaten herausbekommen wo ich die Reifen die ich will bekomme. Er hat außer der BMW vor der Tür auch eine Harley im Laden. Diese bezeichnet er aber nur als „whore“ (Hure) …teuer, unzuverlässig, überaltert und nicht auf Dauer zu ertragen.
Als ich bei dem Laden auf der anderen Seite der Stadt ankomme, meint man nur: „komm 16:00 Uhr wieder.“. Ja, das mach ich gern bei 35 Grad und den ganzen Wahnies hier im Verkehr. Als ich 16:45 Uhr wieder aufschlage, geht doch tatsächlich der Conti-Importeur gerade mit meinen Reifen durch die Tür! Ein kurzes Gespräch offenbart, dass ich gleich zu Anfang bei der richtigen Adresse war aber das dort nur das Büro ist. Egal! Ich habe ein wunderschönes neues Set an Reifen!
Zurück im Hostel ist Filmabend angesagt. Die Leutchen sind wirklich bisher fast alle sehr in Ordnung. Ausnahme war im letzten Hostel ein verrückter Australier der aussah wie David Carradine (Tagesablauf: Aufstehen gegen 15:30 Uhr, danach 3 Stunden vor dem Fenster sitzen und rausschauen…Atemübungen, dann mit Jutebeutel in die Stadt verschwinden und nach einer Stunde wieder im Bett sein) und der türenwerfende Britte hier.
Plötzlich gesellt sich ein Typ in Motorradstiefeln dazu. Nach dem Film kommen wir ins Gespräch. Sam kommt aus England mit einer 650 BMW und will nach Australien. Gibt’s doch nicht! Nur seine Route ist bzgl. Südostasien ein wenig anders. Er will über die Phillipinen. Er ist über vier Monate unterwegs und hat schon ein gebrochenes Bein und eine Generalüberholung seines Motors bei BMW in München hinter sich.
Am nächsten Tag entscheide ich mich dazu den gestern nebenbei ausfindig gemachten BMW-Motorradhändler hier in Bukarest mit einem Service zu betrauen. Da Sam noch ein paar Kleinteile braucht fährt er mit. Ich habe die Reifen mit und zwecks Faulheit einfach über mich gestülpt. Los geht’s im Verkehr durch Bukarest. Nachdem ich den Typen überzeugt habe, dass es Hölle schwierig ist die Zusatztanks abzubauen und ich stinksauer werde wenn etwas kaputt geht, darf ich mit in die Werkstatt. Ich freunde mich schnell mit dem Mechaniker an und er zeigt mir wie der Ölwechsel läuft und wie ich die Bremssteine wechsle. Alles easy!
Reifen können die hier angeblich nicht wechseln. Toll! Also nehm’ ich die Dinger wieder mit.
In der Werkstatt steht noch eine BMW mit einer UK-Nummer. Ich frage nach und tatsächlich, dass ist die Maschine von einem weiteren Britten von dem ich schon im Hostel gehört habe. Er hatte in den ´Fagarasan-Bergen einen Unfall und danach Probleme mit dem Visa für Pakistan. Er will nebenbei auch nach Australien! In ein paar Tagen kommt er zurück, nimmt sein Bike auf und fährt ab. Ist das zu glauben? Ein Hostel und drei Verrückte mit dem selben Plan!!!


Zitadelle von Sighisoara


Entfernung nach Istanbul am Uhrturm der Zitadelle von Sighisoara


Entfernung nach Syndey am Uhrturm der Zitadelle von Sighisoara


Sibiu


Transfagarasan Road


Bukarest und der Verkehr!


Belagerte Kirche


Parlamentspalast in Bukarest


Empfangssaal im Parlamentspalast


Größter Saal im Parlamentspalast. Hinten sollte das Bild von Ceaucesku hängen


Und wenn wir noch einmal ein paar Meter Kabel brauchen ... kein Problem!


Sicher ist sicher!


Everybody grab a kitten


Safe and warm!

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

mmääähhhh!

sehr geil die Straße mit dem übelst schwierigen Namen.
Die Entfernungsschilder sind ja auch passend. guten Flug noch Bussard.

Anonym hat gesagt…

Hallo Sascha,
Habe deine Reise bis jetzt mit verfolgt und muss sagen nicht schlecht. Du hast übrigens einen Fan hier in den USA. Ein eingefleischter Harley Fahrer, soll dir einen schönen Gruß bestellen.
Habe da noch ein paar Tipps für Istanbul.
Die alten Moschen und die Altstadt sind Pflicht, fahr nicht mit der Straßenbahn, laufe lieber, es gibt einen Aussichtsturm dort, super Aussicht.
Der große Basar ist auch einen Besuch Wert, aber bitte nur mit MP3 Player im Ohr und auf keinen Fall deutsch reden. Sonst bringst du am Ende noch einen fliegenden Teppich mit eingebauter Kaffeemaschine und Sportauspuff mit zurück.
Der Verkehr der dich dort erwartet, reden wir nicht drüber, stop and go hattest du ja schon in Rumänien. Aber die Länder die noch kommen werden was das angeht nicht besser. Es soll ja Länder gebe, da fährt jeder Auto, auch ohne Lappen. Die Brücke zwischen Europa und Asien habe ich damals nur im Taxi überquert für viel Geld, genieße es also auf dem Motorrad.

schönen Gruß aus Philadelphia (das nächste mal wieder aus Leipzig)
Henry

PS: Halte dich von den türkischen Stränden fern, nur besoffene Russen dort. Lohnt sich also nicht.

Anonym hat gesagt…

Noch was vergessen.
Halte Dich von großen Menschenaufläufen fern, wo nicht ersichtlich das es eine Touristenattraktion ist. Wir wollen doch das du komplett nach hause kommst und du nicht beklaut wirst.
Das gilt nicht nur für die Türkei sondern auch für Iran und Pakistan.