Gefahrene Route

Route in Google Earth/Google Maps verfolgen
Bilder in Google Earth/Google Maps betrachten

Donnerstag, 6. November 2008

Salzige Chips

Chips in Damaskus

Endlich kann ich wieder fahren. Nach den Tagen auf dem Klo und des Verbrauchens unzähliger Klopapier-Rollen ist es eine echte Befreiung wieder zu „rollen“.
Von Hama aus fahre ich mit Sam Richtung Süden. Unsere Wege trennen sich in Höhe von Homs. Ich nehme die westliche Abfahrt um mir das alte Kreuzritterschloss Crac de Chevalier anzuschauen und Sam fährt nach Malula, wo man in einem Kloster die letzten Menschen treffen können soll, die Alt-Aramäisch sprechen, die Sprache von Jesus.
Es stellt sich heraus, dass Crac de Chevalier eine der besten Burgen ist, die ich je besucht habe. Die Mauern sind gut erhalten, dick und absolut beeindruckend. Vom Kommandoturm aus hat man einen schönen Blick in die Ferne.
Weiter südlich, 150 km vor Damaskus, muss ich mitten in der Wüste tatsächlich in die Regenkutte. Vor mir ist der Himmel derart schwarz, dass es einem Angst und Bange werden kann. Tatsächlich ist die breite Schnellstraße nicht für derartige Wassermassen gemacht und ich muss mehrfach langsam kleine Wasserdurchfahrten meistern.
Ich erreiche Damaskus als Erster und finde ein Hotel mit freien Betten. Aber wenig später erfahre ich von Sam, dass Vicky schon etwas klar gemacht hat. Wir suchen eine geschlagene Stunde nach dem Hotel und finden nach der Durchfahrung einiger Einbahnstraßen (in falscher Richtung versteht sich) endlich das Hotel. Es handelt sich um ein Dreibett-Zimmer in einer Nebenstraße. Da ich die Beiden aber doch gern allein lassen möchte, finde ich nach kurzer Suche ein Zimmer wenige Straßen weiter.
Wir bleiben vier Nächte und sehen uns die Altstadt, die Umayyad Moschee, den Azem Palast, den Souk und vieles andere mehr an.
Leider stellt sich nach der ersten Nacht in Damaskus heraus, dass ich die Rache Montezumas doch noch nicht los bin. Als Nebenwirkung habe ich eine echte Abneigung gegen den Geruch von Wasserpfeifen entwickelt. Ich könnte mich schon übergeben, wenn ich sie nur aus einiger Entfernung rieche.
Ich beschließe in die nächste Apotheke zu stapfen und nach etwas stärkerem zu fragen. Die Dame hinter dem großen Schreibtisch gibt mir ohne Rezept und für umgerechnet 2 Euro ein paar Antibiotika und etwas um meine Innereien einzuschläfern. Die Antibiotika sind zwar so stark, dass ich mehrfach das Gefühl habe, ich könnte im Stehen einschlafen aber am Ende hilft das Zeug.
Damaskus.ist recht quirlig und der Verkehr ist die Hölle. Als Fußgänger ist man Freiwild, als Verkehrsteilnehmer auf dem Motorrad braucht man einen beständigen Faustantropf um durch zu kommen. In dem ganzen Wirrwarr versuchen Verkehrspolizisten mit Motorrädern Ordnung zu schaffen. Die alten Hondas die sie fahren, sowie die Uniformen scheinen komplett von den Chips (California Highway Patrol) übernommen zu sein. Ein Lacher!
Was auch sehr gewöhnungsbedürftig ist, ist die Sache mit den Zahlen. Von wegen wir haben arabische Zahlen! Die Jungs hier haben sich klammheimlig eine neue Schreibweise ausgedacht. Dabei ist nur eine Eins eine Eins und eine Neun eine Neun. Eine geschrieben Null auf einer Münze meint Fünf, ein Punkt ist eine Null und eine spiegelverkehrte Sieben ist eine Zwei. Da muss man erst mal durchsteigen. Eine gute Lernhilfe sind die Autokennzeichen, die beide Systeme beinhalten. So kann man die eigene Schreibweise mit der aktuell arabischen Schreibweise der Zahlen abgleichen.
Als wir Damaskus verlassen, geht erst einmal nix. Die Ammis haben mal wieder ein paar Texaner von der Leine gelassen und im Osten Syriens ein paar Leute umgelegt…angeblich Terroristen. Dagegen begehrt sich eine organisierte Demonstration auf. Wir brauchen über eine Stunde um halbwegs aus der Stadt zu sein.
Wir fahren Richtung Südosten, nach Bosra. Hier befindet sich eines der am besten erhaltenen römischen Amphitheater die ich je gesehen habe. Man könnte in den Katakomben unter den Sitzreihen meinen, dass gleich jemand mit einem Stand für Hot Dogs und Popkorn um die Ecke biegt. Und der mehrstöckige Kulissenbau hinter der Bühne ist wirklich atemberaubend.
Wir überlegen kurz, ob wir den Grenzübertritt nach Jordanien heute noch wagen sollen. Am Ende bleiben wir aber und schlafen in einem Hinterzimmer, oder besser eine „Hinterhalle“, eines Restaurants. Der junge Besitzer haut uns beim Preis für das Abendessen ordentlich übers Ohr. Da hilft auch eine länger Diskussion nichts. Dafür kann er sich sein Frühstück stecken.

Jede Menge Wadis

„Five Dollar fee“…wie meint er denn das jetzt…ach so…Gebühr, ja klar. Da geht ja gut los an der syrischen Grenze als ich als erstes einen Grenzer schmieren muss. Dann geht das Chaos weiter, denn es gibt keinen geregelten Ablauf und man irrt oft herum auf der Suche nach dem Büro in dem man die wirklich offiziellen 500 Syrischen Pfund Ausreisegebühr bezahlen muss, nach dem Büro, dass das Carnet (Pass für das Bike) abstempelt etc.. Als ich aus einem Fenster sehe und ein junger Offizier auf meinem Bike für ein Bild posiert platzt mir der Kragen. Ich stapfe in voller Montur raus und frage ihn brüllend, ob das sein Bike wäre. Er verpisst sich wie ein geschlagener Hund und meint nur „Sorry, Sorry!“. „Ich geb Dir gleich Sorry“… murmel ich vor mich hin. Bilder mit dem Bike gern, aber auf dem Bike ist nicht. Wenn die Kiste umkippt lachen die Kerle nur und ich hab den Dreck. Das nächste Mal fordere ich 10 US-Dollar pro Bild auf dem Bike.
Endlich auf jordanischer Seite geht es schon ein weniger gesitteter zu. Wir werden an einer langen Reihe von einheimischen Autos vorbei gewunken und bekommen einen „bewachten“ Parkplatz bei wirklich netten Grenzern. Nach zweieinhalb Stunden sind wir endlich fertig und dürfen passieren. Auf dem Weg Richtung Süden schauen wir in Jerash vorbei, einer weiteren Ausgrabungsstätte. Nach meinem Empfinden ist sie nicht ganz so spektakulär, wenn auch zwei schöne Amphitheater dabei sind. Amman lassen wir liegen und erreichen vor Einbruch der Dunkelheit Madaba, südlich von Amman. Leider sind nur noch Betten in einem der besseren Hotels frei und beim Preis von 25 Jordanischen Dinar (fast 30 Euro) bekomme ich kurz Atemnot. Aber das Zimmer ist sehr ok und Internet gibt es auch. Naja, für eine Nacht ist das zu verkraften.
Die Nächste Etappe wird lang, das wissen Sam und ich. Wir fahren also früh los und werfen nur einen kurzen Blick auf die mittelalterliche Weltkarte in Form eines Mosaiks in der örtlichen Kirche. Wir folgen der Königsstraße Richtung Süden und sind bald in Al Karak. Nach dem Besuch der spärlich erhaltenen Festung bringt Sam den Vorschlag, einen Abstecher ans 40 Kilometer entfernte Tote Meer zu machen. Ich bin natürlich dabei und wir fahren eine Straße parallel zu einer Schlucht hinab nach Westen. Als wir von weitem das Tote Meer sehen, brechen wir in Jubel aus und machen eine Fotopause. Auf dem weiteren Abstieg zum tiefsten Punkt der Erde mit Frischluftversorgung können wir die Augen kaum von der Szenerie lösen. Das Tote Meer liegt über 300 Meter unter normal Null und ist eingebettet in hohe Bergzüge. Am südlichen Rand gibt es einige Bananenplantagen und Gemüsefelder. Auf der israelischen Seite sind die Bergzüge besonders steil und wirken wie eine abschreckende Festung. Wir fahren ein Stück Richtung Norden parallel zum Wasser auf der Suche nach einer Stelle wo man näher mit den Bikes heran kommt. Wir finden schließlich einen schmalen unasphaltieren Weg der hinab geht. Schnell wird geparkt und Sam meint er gehe jetzt mal rein. Er stapft davon und ist nach ca. 50 Meter am Wasser, zieht sich bis auf die Unterhose aus und geht rein. Naja, wenn ich nun schon da bin, denke ich. Also hinterher. Aber das mit der Unterhose lasse ich weg und gehe ganz ohne hinein. Das Wasser hat mindestens 27 Grad und trägt so herrlich, dass man sich Schwimmbewegungen ersparen kann. Wir treiben mind. 15 Minuten vor uns hin, Füße überkreuzt aus dem Wasser ragend und Kopf und Schultern ebenso. Als Sam aus dem Wasser geht um ein Foto von mir zu machen, schaue ich hoch zu den Motorrädern und denke nur…“ohje!„. Ein Militärjeep mit drei Mann Besatzung und aufgepflanzten Maschinengewehr steht unmittelbar neben den Bikes. Und ich treibe nackt im Toten Meer. Großartig! Also schnell raus und die Hosen an. Sam beginnt schon mal mit der beschwichtigenden Winnetou-wir kommen-in-Frieden-Masche. Als wir beginnen hangaufwärts über die riesigen und scharfkantigen Salzkristalle zu laufen entfernt sich der Jeep. Aber er kommt als wir oben sind zurück. Der Beifahrer steigt aus, begrüßt uns freundlich, fragt wie üblich nach unserer Herkunft gefolgt von „Welcome in Jordan“. Mit unserer Badeaktion haben die Jungs kein Problem und wir sind erleichtert.
Der weitere Weg ist von herrlichen Ausblicken über große Schluchten und Wadis, traumhaften Bergab- und Bergauffahrten sowie Staudammüberquerungen geprägt. Mehrfach muss ich mich selbst bremsen, denn das Hinterrad beginnt leicht in den Kurven zu driften.
Einen ganzen Tag treiben wir uns im antiken Petra herum. Nach Durchqueren der 1,2 Kilometer langen Eingangsschlucht hat man diesen Blick auf die Schatzkammer des Pharaos, der schon aus Indiana Jones Verfilmungen bekannt ist. Auch wenn Petra sehr touristisch ist, kann man in dem riesigen Gelände Ecken finden, in die keine Amerikanische Reisegruppe vordringt. Vom hohen Opferungsplatz hat man eine gute Übersicht über das riesige Tal mit den unzähligen in den Sandstein gemeißelten Gebäuden. Das Panorama kann keine Kamera festhalten. Und auch der Aufstieg zum ehem. Kloster lohnt sich.
Schon die natürlichen Formen und Farben des Sandsteines sind reine Kunst für mein Auge. Ich kann mich kaum satt sehen. Die in diesen Stein gehauenen Formen legen weitere Farben frei, die der natürliche Schmuck der Gebäude sind. Einfach Wahnsinn.
Nach 7 Stunden haben wir genug und sind für den Rest des Tages platt.
Den letzten Höhepunkt meines Abstechers in Jordanien soll das Wadi Rum im Süden bilden. Die Fahrt dorthin ist schon wieder die reinste Droge fürs Hirn. Die Wüstentäler zwischen den steil aufragenden Sandsteinformationen sind sandig und Kamele grasen die wenigen harten Büsche ab. Sam und ich wollen sehen wie weit wir über die asphaltierte Straße hinaus kommen, geben aber beim Anblick der Tiefsandpisten und unserer schweren Kisten auf und schlagen uns hinter einen Hügel in die Pampa. Heute wird gezeltet. Schnell ein paar Einkäufe bei den ansässigen und ausnahmsweise nicht Touri-versauten Geschäften getätigt und los kann es mit der Kocherei gehen. Vorher will ich es aber noch mal wissen, baue die Koffer in Windeseile ab, senke den Luftdruck in den Reifen und mache mich kampfbereit. Ich fahre von der asphaltieren Straße auf eine in das Herz des Rums führenden Pisten ab und kämpfe mich voran. Zuerst ist es nicht allzu tief aber nach ca. einem Kilometer wird es bis zu 30 cm tief und recht weich. Ich schaffe noch ein paar hundert Meter, dann beschließe ich die Sache auf sich beruhen zu lassen und umzukehren. Für mehr habe ich zu wenig Negativ-Profil auf dem Vorderrad und zu wenig Restlicht. Ich hatte meinen Spaß…
Ich schlafe nach dem reichlichen Essen wie ein Baby unter dem Sternenhimmel, den nur eine Wüste bieten kann.

See you in India

Am nächsten Morgen trennen sich die Wege von Sam, Vicky und mir. Ich will zurück in die Türkei und weiter in den Iran…immer weiter. Leider haben Sam und Vicky ihre Visa für den Iran noch nicht. Daher haben sie noch etwas Zeit. Ich muss wirklich sagen, dass mir die Beiden sehr angenehm waren. Es gab nie Streit und ich habe oft über Sam und seine englische Art gelacht. Auch habe ich von ihm gelernt, wie man am besten mit den manchmal doch ein wenig aufdringlichen Händlern umgeht. Sam ist einfach unglaublich geduldig und freundlich zu jedem und erzählt auch wenn nötig zehn Mal hintereinander unsere Geschichte und „No, thank you Sir. I can’t carry your carpet on my motorbike.“. Das braucht zwar manchmal ein wenig mehr Zeit aber man baut nicht gleich diese innere Barrikade gegen jeden auf der sich nähert, sondern bleibt offen und gut gelaunt.
Vicky ist sehr clever bei der Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel hier um von Ort zu Ort zu kommen und ist meistens als Erste am Ziel. Auch deckt Sie jeden kleinen Schwindel bei den Preisen sofort auf.
Ich werde die Beiden vermissen aber hoffentlich schnell zurück zu meinem eigenen Rhythmus finden. Vielleicht sehe ich sie in Indien wieder. Wie das klingt…total verrückt!


Umayyad Moschee in Damaskus


Die Zahlen links unten entsprechen den neuen arabischen Zahlen rechts...


Ehrlich ... die Ammis exportieren die Kisten...samt Uniform...


Amphitheater in Bosra (südliches Syrien)


Das Tote Meer


Ein erster Blick auf Petra


Die Schatzkammer des Pharaos


Luftiger Ausblick in Petra


Mann Du musst mal zum Arzt mit den gelben Dingern


Kloster in Petra


Mein Versuch ins Wadi Rum vorzustoßen


Leaving Las Vegas

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Mähhh..
Wahnsinn Sascha Wahnsinn. Bin wie eigentlich jedes Mal wahnsinnig neidisch auf deine Erlebnisse. Aber ich denke du weißt zu schätzen was du sort hast. Die Wüste, Petra, die arabische Städte, alles so aufregend.
Mit den arabischen Zahlen das ist natürlich echt verrückt.
SO bevor ich wehmütig werde, guck ich lieber mal nach meiner leckerern Linsensuppe, die gerade auf dem Herd steht. Halt die Ohren steif.
Schäfchen

Anonym hat gesagt…

Gib mal nen aktuellen Kilometerstand.

Auf zum Atom!
Bräsi

Ulli hat gesagt…

hallo Sascha,

mensch, die klogeschichte in syrien erinnert mich gleich an die auslandsexkursion, die im september stattfand. leider ist die hälfte der exkursionsteilnehmer mit parasitenbefall ins krankenhaus (in Damaskus) eingeliefert worden. hätte vielleicht vorher schon mal ne warnung an dich rausschicken sollen...aber bist ja gut davon gekommen! deine fotos sind spitze und die berichte wirklich sehr interessant und ausführlich...weiterhin GUTE FAHRT!! TAKE CARE