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Mittwoch, 3. Juni 2009

Schmerz, Dollar und Hoffnung

Dollar-Land

Auf der laotischen Seite der Grenze sitzt ein Typ am Schreibtisch der Aussieht, als hätte er schon Maos Revolution begleitet. Genau die original Mütze mit rotem Stern, die leichte, einfache Jacke mit den aufgesetzten Taschen. Zum Glück wird er durch einen jüngeren Kollegen, frisch aus der Hängematte, abgelöst.
Auf der kambodschanischen Seite habe ich von Schwierigkeiten gehört. Für ein Visum bezahle ich 21 Dollar, wie auf dem selbst gemahlten Schild geschrieben steht. OK, in meinem Reiseführer steht 20 Dollar aber da bin ich mal großzügig.
Der Herr beim Zoll schaut argwöhnisch auf mein Carnet de Passage. Er hat es offensichtlich schon mal gesehen. Ich bringe meine „alles ganz einfach…nur hier und hier stempeln und unterzeichnen“-Nummer. Aber er ist clever und dreht den Carnet-Bock um und zeigt mir, dass Kambodscha dort nicht verzeichnet ist. „Ja aber Laos steht auch nicht da und die haben es akzeptiert!“. Das nimmt ihm den Wind aus den Segeln und er setzt nur noch mal einen halbherzigen 5-Dollar-Versuch auf das kambodschanische Papier an. Schließlich lenkt er ein und stempelt ab.
Kratie liegt ebenfalls am Meekong und ist eine gute Raststation auf dem Weg nach Phnom Penh. Schon bei der Suche nach einem Gästehaus sehe ich, dass es hier anders aussieht als in Laos. Die Straßen sind in schlechtem Zustand, es gibt viel mehr Fahrradfahrer und Fußgänger und viel weniger Autos und Motorroller.
Der Dollar ist hier eine feste Zweitwährung. Dem kambodschanischen Riel scheint nicht viel Vertrauen entgegen gebracht zu werden. Eigenartig ist, dass ich von meinen Dollar-Reserven auf der Bank zum Kurs von 1:4780 (USD:CRI) tauschen kann aber auf der Straße der Kurs 1:4000 als Maß der Dinge gilt. Gut für mich…
Der Markt erinnert mich an Indien. Er ist recht dreckig und der einsetzende Monsoon und die damit verbundenen Wasser- und Schlammmassen machen es nicht besser.

Ein tiefer Schmerz

Gleich zu Beginn spüre ich, dass auch bei den Menschen hier etwas anders ist. Sie sehen erst einmal anders aus, sind zumeist dunkler von Hauttyp und haben weniger mandelförmige Augen. Sie sind freundlich aber nicht ganz so offen wie in Thailand oder Laos. Ganz sicher hat es mit dem Genozid hier vor 30 Jahren zu tun.
In Phnom Penh wird beim Besuch der Killing Fields und des Tuol Sleng Museums vieles klar. Die roten Khmer waren 1975 an die Macht gekommen und hatten eigentlich ab 1976 nur noch damit zu tun angebliche Agenten in den eigenen Reihen zu identifizieren, zu verhören und zu foltern und anschließend zu exekutieren. Tuol Sleng war das Zentrum für Inhaftierung und Verhöre in Phnom Penh. Es ist eine ehem. Schule bestehend aus 4 Gebäuden, einem Hof und einer Mauer mit viel Stacheldraht darauf. Mitten in Phnom Penh wurden hier bis zu 3500 vermeintliche Agenten gehalten wie Tiere. Wenn auch nach Folter durch Elektroschocks, brechen von Knochen etc. nichts mehr aus Ihnen heraus zu holen war, wurden sie nach Choeung Ek (15 km außerhalb von Phnom Penh) gebracht und dort auf den Killing Fields auf brutalste Weise, meist mit Schwertern oder Spaten, umgebracht. Kugeln zu sparen galt als wichtig. Heute sieht man dort die Gebeine der Opfer in einer gläsernen Stupa ausgestellt. Insgesamt sind ca. eine halbe Millionen Menschen dem Regime Pol Pots zum Opfer gefallen. Er selbst lebte noch lange Zeit ungesühnt in Thailand. Die Verarbeitung hat hier schon lange begonnen aber wie im Buch „The killing fields“ von Christopher Hudson richtig bemerkt wird, verließ das Grauen die Gesichter der Kambodschaner schnell aber es ging nach innen und bleibt dort eine lange Zeit.
Der Königspalast und das Nationalmuseum bringen mich da schon auf andere Gedanken. Zu einigem Herzklopfen verhelfen mir gelegentliche Fahrten auf den hier üblichen Motorrad-Taxis. Die Fahrer biegen locker mal in den Gegenverkehr ab, überholen auf der falschen Seite, Wenden ohne Vorankündigung und tun überhaupt alles, was ich nie tun würde. Und irgendwie legt sich nie einer!

Hier geht was!

Einen Tag gönne ich mir etwas Sonne am Strand in Sihanoukville, 200 km südwestlich von Phnom Penh. Und wie ich so in mein Buch versunken auf einer der Liege sitze werde ich von einem Mädchen gefragt, ob ich ein Armband kaufen möchte. Heng ist 16 und sieht aus wie 12. Sie ist eines der vielen Kinder, die hier am Strand Kleinigkeiten verkaufen, um die Familienkasse aufzubessern. „Nur einen Dollar. Du kannst es auch für Dein Buch als Lesezeichen nehmen oder für jemanden zu Hause.“. Sie spricht gutes Englisch und bleibt hartnäckig aber immer freundlich und lustig. Als sie nach einer Runde zurückkommt, lasse ich mich schließlich erweichen und lasse von ihr ein Lesezeichen knüpfen. Dabei erfahre ich, dass sie in der neunten Klasse der Khmer-Schule ist (staatliche kambodschanische Schule). Da geht sie Montag bis Freitags von 7 bis 13 Uhr hin. Und am Nachmittag geht sie dann noch zum Englisch-Unterricht. Der ist allerdings nicht kostenlos. „Und nach einem Jahr Englischunterricht sprichst Du schon so gut!?“ frage ich. „Ja danke, ich spreche ja auch viel mit den Touristen und übe dabei“. Auf meine Frage wie es bei ihr weiter geht antwortet sie, dass sie noch bis in die zwölfte Klasse in die Schule geht und dann gern studieren würde. Lehrerin will sie werden. „Das ist ein guter Plan. Denkst Du, dass Deine Eltern genug Geld haben um Dich studieren zu lassen?“. „Wahrscheinlich nicht…“ meint Heng. Aber sie könne immer noch im Tourismusbereich arbeiten.
Sie verspricht mir in die Hand weiter zur Schule zu gehen und fleißig zu lernen und aus einem Dollar werden zwei.

Tausche Helm gegen Indiana Jones-Schlapphut

Ich kehre zurück nach Phnom Penh, nachdem mir der Weg westlich der Kardamomberge zu lang erschien und schlafe noch eine Nacht dort, bevor es weiter geht nach Nordwesten. Siem Reap und das weltberühmte Angkor Wat ist das Ziel.
Zwei Tage gebe ich mir für die Besichtigung der früheren Hauptstädte des Khmer-Reiches, die erst Anfang des 20.-Jhd. wiederentdeckt und ausgegraben wurde. Jede Zeit hat dabei einen anderen Bereich eingenommen und so entstanden viele große Tempelanlagen und Gebäude.
Am ersten Tag nehme ich mir die Tempel rund um das zentrale Angkor Wat vor. Die Gesichter auf den steinernen Türmen von Bayon sind noch heute auf jeder Straße in Kambodscha zu sehen. Die Khmer-Gesichtszüge sind einfach perfekt getroffen. Tha Prohm wurde als Filmkullisse für Tomb Raider weltberühmt und ist einfach grandios.
Im nördlich von Angkor Wat gelegenen Preah Kahn beginnt einer der Beamten der örtlichen Touristenpolizei mir in gutem Englisch an den Tempel zu erklären. Er ist sehr freundlich und weiß wirklich viel. Im Inneren werde ich unweigerlich an die Tempel Südindiens erinnert. Da sind diese vielen Gänge und Kammern, die Lingams und Wandgravuren. Tatsächlich prallte hier Hinduismus und Buddhismus aufeinander. Der König der diesen Tempel erbauen ließ, konvertierte angeblich zum Buddhismus. Er war aber gleichzeitig so offen und überließ seinem Volk die freie Entscheidung, welche Religion für jeden die Richtige sei. Und so gibt es sowohl Buddhas als auch Brahmanen als Wandreliefe zu bewundern. Später wurde allerdings der Buddhismus zurück gedrängt und der Hinduismus gewann wieder die Oberhand, wenn auch nur vorübergehend.
Ich finde es schon faszinierend, dass es hier eine Stufe der menschlichen Entwicklung gab, in der nur ein Schritt zwischen Polytheismus (Hinduismus mit tausenden von Göttern) und einer Religion ohne Gottesbild (Buddhismus mit dem Menschen und der persönlichen Vervollkommnung im Zentrum) lag. Das ist doch etwas sehr Gegensätzliches, das schwer vereinbar scheint.
Angkor Wat schließlich ist einfach nur von der schieren Größe her beeindruckend. Es ist recht gut erhalten bzw. wieder hergestellt und hat riesige Wandreliefe zu bieten.

Nun beginnt mein Weg zurück nach Singapur. Einen Termin und einen Platz auf einem Frachter nach Darwin für mein Bike habe ich schon. In Bangkok steht noch ein kleiner Service bei BMW an wenn es irgendwie geht nehme ich noch so viel wie möglich von der Westküste Thailands und Malaysias mit.



Gebeine der Getöteten auf den Killing Fields


Ehemalige Zelle im Tuol Sleng Gefängnis


Königspalast in Phnom Penh


Könnte ich stundenlang lauschen


Schirm gehört zum gepflegten Mönch


Bayon Faces


Spaß im Monsoonregen


Ja, leg ruhig die eine Wurzel auf meine Schulter...oder besser doch nicht


Indi is somewhere around...

4 Kommentare:

Mario hat gesagt…

und was ist mit Indonesien willste das auslassen ???

Schäfchen hat gesagt…

määhh..
der kann immer nur meckern, mit seiner läufigen Susi.
Nach Majos aufregendem Bericht, ist deiner eher tiefgründiger.
Was die Geschichte mit dem Mädchen betrifft, kann ich nur sagen, Sascha du bist ein Guter!. Ein anderer ;-) hätte ihr 50 $ und drei Drinks angeboten.
Angkor Wat ist sicher sehr beeindruckend *neidischsei*

Prosit

Mario hat gesagt…

Zeit fuer ein guestbook. What do u reckon ? Just wanted to say that once u get shaved and had a shower u'll gonna look much younger. Even if it turned out today u became 35. Happy birthday mate. Enjoy a cold Chang in the sun...

michael hat gesagt…

an dieser stelle mal herzlichen dank für die eindrucksvollen und unterhaltsamen eindrücke von deiner ganz speziellen reise. auch wenn jeder tag etwas neues vielleicht sogar ungeahntes für dich bringt, hoffe ich, dass du heute genügend zeit und menschen um dich hast, die - wenn auch nur in gedanken - bei dir sind.

die besten wünsche zum geburtstag, erst recht weil es noch nicht der 35. ist.

geniess jeden tag