Akklimatisation und Höhentraining
In den vergangenen Tagen habe ich mich langsam nach Norden vorgearbeitet. Passend dazu habe ich das Buch "der gläserne Horizont" von Reinhold Messner im Gepäck. Nachdem ich einen Ruhetag im Basislager Tromsö zur Akklimatisierung im hohen Norden eingelegt hatte und mir dabei das Polarmuseum sowie die Eismeerkathedrale angeschaut habe, ging es weiter nach Norden.
In einem Tagesritt bin ich, mit einigen Aufwärmpausen, ins vorgerückte Camp nach Hammerfest, der nördlichsten Stadt der Welt, gefahren. Von hier aus sind es nur noch 200 km bis zum nördlichsten Punkt Europas. Kurz hinter Alta beginnt die "Getreidegrenze". Ab hier macht es keinen Sinn mehr etwas auf dem kaum fruchtbaren Boden anzubauen, der nur wenige Tage im Jahr nicht oberflächlich gefroren ist. Da wächst weit und breit kaum ein Baum und es zieht wie Hexe. Hammerfest selbst ist einer dieser Orte auf der Welt, die diesen Klondike-Charme haben. Ich habe so etwas schon in Australien, in Coober Peedy, erlebt. Es sind weniger die Gebäude als mehr die Menschen, die dieses Gefühl auslösen. Es gibt einige abgestürzte Gestallten, die während des letzten Winters zu lange in ihren vier Wänden waren und einige scheinbar sehr reiche Leute. Zu sehen gibt es sonst kaum etwas, da Hammerfest im Krieg fast vollständig zerstört wurde.
Ich bin am ... Start
Heute morgen dann, Aufbruch zum Nordkap. Bei sonnigem Wetter düse ich weiter Richtung Norden.
Um auf Mageröya zu kommen, die Insel auf der das Nordkap liegt, fährt man durch einen fast sieben Kilometer langen Tunnel, der an der tiefsten Stelle 212 m unter dem Meeresspiegel liegt.
Dafür muss man dann selbst als Moped-Fahrer 70 Kronen abdrücken (ansonsten gibt es in Norwegen keine Maut für Motorradfahrer).
Und ich glaube es nicht, ich bin einer der Glücklichen, die das Nordkap bei Sonnenschein und ca. 12 Grad Celsius erleben dürfen. Welch Glück!
Das war der nördlichste Punkt meiner Reise. Ab jetzt geht es nur noch nach Süden. Ich sehne die Wärme herbei aber werde das viele Licht vermissen.
Schulterglatze
Auf dem Campingplatz in Hammerfest treffe ich Rahel und Jörg aus der Schweiz. Sie sind mit dem Fahrrad unterwegs...seit zweieinhalb Jahren. Sie sind von Alaska nach Feuerland, dann nach Australien und über China, die Mongolei und Russland wieder nach Europa. Nun sind sie auf der Suche nach Arbeit. Sie haben mir ein paar Schoten über Zoll und Bekanntschaften auf dem Weg erzählt. Alles sehr amüsant. Mehr hier...
Da kommt man sich mit seinen heute genau drei Wochen auf dem Weg vor, wie die "Schulterglatzen" beim Bund. Für alle Zivis und Frauen: "Schulterglatzen" oder "Koffer": steht bei der Bundeswehr für einen frisch eingezogenen Wehrpflichtigen ohne Dienstgrad.
Norge wie es ist...
Wie ist Norwegen eigentlich so?
Generell ist Norwegen ein sehr schönes Land. Das kommt für mich schon daher, dass es Küste und Berge verbindet.
Aber das ist nur eine äußerliche Sicht. Wie fühlt es sich an? Wie sind die Norweger? Wie funktioniert das alles dort?
Also....
Der Norweger an sich lebt unter 4,7 Millionen Gleichstämmigen, auf einer Fläche die nur ein Zehntel größer ist als Deutschland.
Er spricht natürlich Norwegisch, was, wie ich mir habe erklären lassen, mit dem Dänischen die gleiche Schreibweise und mit dem Schwedischen nahezu die gleiche Betonung hat.
Für meine Ohren hört sich Norwegisch an, wie die Sprache eines lange isolierten Volkes. Es ist nicht so elegant und harmonisch wie Französisch. Es klingt eher eckig und stolpernd, so als hätte man Walther von der Vogelweide in die Schweiz vertrieben. Irgendwie muss ich manchmal daran denken, dass diese Sprache optimal ist, um bei hoher See Kommandos quer über Deck zu rufen.
Ein paar Worte versteht man schon bald und ich denke es ist nicht unmöglich es zu lernen.
Was mir bei den vielen Fahrten Überland aufgefallen ist, ist die für einen Städter, wie ich, fast nicht auszuhaltende Harmonie. Da stehen diese typisch nordisch angestrichenen Holzhäuser in kleinen Gruppen in herrlicher Umgebung herum. Alles wirkt nicht wie "Neue Reihenhaussiedlung", sondern wie gewachsen und geworden. Da ist die weiß-angestrichene Kirche direkt neben der Schule und nur über die wenig befahrene Straße können die Kinderlein nach Hause trotten um in Wäldern und auf Feldern Tiere zu quälen...ähh...streicheln. Fast jedes Haus mit Kindern ist mit einem Trampolin im Vorgarten versehen, falls die Faustan-Vorräte mal über das Wochenende ausgegangen sind.
Und ansonsten kann ja Oma auch mal mit dem Gehbänkchen oder dem 12V/4W-Rollwagen über die Landstraße (im Gegenverkehr) rüberkommen und auf die Kleinen aufpassen.
Das Preisniveau finde ich persönlich astronomisch. Der Kurs ist 1 € = 8,0686 Norwegische Kronen. Beispiel aus Tromsö: Ein Baguette (Käse, Schinken, Grünzeug, Größe: mittel) kostet 79 Kronen. Das sind mal eben 10 €. Ein Liter Normalbenzin kostet umgerechnet 1,73 €. Daher müssen die Norweger ordentlich verdienen.
Was für mich verwunderlich war, ist die Einstellung zur Umwelt. Ich habe das Gefühl, dass man hier denkt: "Yo, davon gibt's genug bei uns." Motoren werden generell erst nach 10 Minuten Standzeit ausgemacht, Mülltrennung gibt es nur selten, Gefrierregale sind immer offen, Energiesparlampen sieht man nirgendwo, Windkraft wird nur im Süden genutzt, in den meisten Urinalen läuft das Wasser beständig, etc.. Da hätte ich anderes erwartet.
Und dabei ist der Nationalstolz doch so groß, das man beim Hausbau garantiert bei der Auswahl der Grundausstattung immer ein Formular mit vorausgewähltem Haken an "Fahnenmast und Nationalflagge" vorfindet.
Nein aber ehrlich, ich bin begeistert von Norwegen. Es ist ein Land dessen Leute sehr gastfreundlich sind und wirklich ausnahmslos alle sprechen Englisch.
Viele Leute treibe Sport und sind unglaublich abgehärtet. Ich denke nur an das Baden in den Seen und Fjorden oder den Stadtbummel in Shorts...bei 10 Grad und ohne Sonne.
Übermorgen spätestens hat mich das Euro-Land wieder, wenn ich in Finnland einreite.
Bis dahin hier noch ein paar Bilder:
Eismeer-Kathedrale in Tromsö
Das La-Playa von Hammerfest
Fensterbild in der Hammerfester Kirche
Wie man mitten auf der Straße so blöde gucken kann...
Meine Meinung zu Ösies kennen vielleicht einige...aber was der hier von wegen Head-Lamp abzieht geht gar nicht...
Am Start...
Nordkap bei Sonnenschein
3 Kommentare:
Greenhorn wuerde ich Dich ja nun nicht schimpfen. Allein der erste Schritt zaehlt. Das Laufen ist dann einfach.
Hi Sascha. Sehr amüsant Deine Ausführungen.
Zum Glück musst Du Dich nach Deinen etwas anzüglichen Bemerkungen in Richtung Frauen und Zivis nicht mehr vor'm Gleichstellungsbeauftragten rechtfertigen... ;o)
Viel Glück für "den Rest" der Reise!
So schnell kann man da oben sein?Ich frag mich, was wir da immer so lang rumeiern?;-) Aber das Wetter und die Sicht sind ja ein gutes Omen für den "Beginn" der Reise.
Mach weiter so und weiterhin alles Gute!
Kommentar veröffentlichen