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Donnerstag, 29. Januar 2009

Auf...auf in den Süden...der Sonne hinterher...

Abschied und Neustart

Zurück in Delhi bleiben mir und Helge noch zwei Tage für die Stadt und uns. Eine nette Ruhepause nach all den Sehenswürdigkeiten bildet eine Tasse Tee im Imperial Hotel, einem der besten Hotels der Stadt. Sam 2 hatte mir mal den Tipp gegeben, dort doch mal reinzuschauen. Wir wirken wahrscheinlich etwas deplaziert dort mit unseren Räubersachen und der Tee kostete das 40-fache des Straßenpreises aber es war schon interessant in welch Luxus die oberen Zehntausend in Delhi gastieren. Da warten die jungen Damen im Eingangsbereich um einem die Lokalitäten zu zeigen, Böden scheinen grundsätzlich aus Marmor zu sein, überall riecht es nach Jasmin und die Wände sind zum Teil mit uralten kolonialen Fotos dekoriert. Eine nette Abwechslung.
Nach zweieinhalb Wochen ist es soweit und ich bringe Helge wieder an den Flughafen. Unerwarteter Weise dürfen aus Sicherheitsgründen nur Passagiere das Abflug-Terminal betreten. So müssen wir uns überhastet vor der Tür und vor halb Indien verabschieden.
Nun heißt es wieder allein klar kommen, für jeden von uns beiden.
Als ich wieder im nun noch von mir bewohnten Hotelzimmer bin, habe ich einen Kloß im Hals und brauche Beschäftigung. Und die gibt es ja zum Glück genug, denn es gilt die Ersatzteile, die Helge für die Behebung des Unfallschadens aus dem Iran mitgebracht hat, einzubauen.
Also an der Rezeption gefragt wo der nächste Auto- oder Motorradhändler ist, nächste Motorrikscha heran gewunken und los. Nach einer Stunde bei einem redseligen Werkstattmeister habe ich eine neue Adresse einer ruhigeren und größeren Werkstatt derselben Firma in der Hand und bin auf dem Weg mein Bike aus dem „Winterschlaf“ zu holen. Die zwei Wochen hat es gut überstanden und springt auf Anhieb an.
Die Werkstatt finde ich auf Anhieb und bekomme den voll ausgestatteten Werkstattplatz Nummer sechs zugewiesen. Schnell habe ich die Vordergabel ausgebaut, das Gabelöl abgelassen und die Gabel komplett zerlegt. Beim Einbau der Tauchrohre bekomme ich nur beim Einsetzen der Gabel-Dichtringe ein wenig Hilfe von einem Werkstattfifikus (die es anscheinend überall gibt). Auch der Aus- und Einbau des Lenkkopflagers gestaltet sich Dank guter Vorarbeit der Kollegen von der BMW-Niederlassung Leipzig einfach. Das untere Lenkkopflager ist hinüber und auch die Lagerschale ist nicht mehr verwendbar. Zwischendurch bekomme ich Tee gereicht und erzähle ein wenig mit den anderen Schraubern. Die haben natürlich so ein Bike noch nie gesehen und daher stellen sich einige Fragen. Nach 3 Stunden ist alles vergessen und ich rolle davon.

Nach einem weiteren Tag in Delhi fahre ich in aller Ruhe los Richtung Rajastan.
Nachdem ich mit Helge Zentral-Rajastan erkundet habe, will ich nun auch noch die westliche Seite sehen. Bis dahin ist es ein Stück und so mache ich zunächst in Nawalgarh halt.
Unterwegs bemerke ich, dass irgendetwas beim Lenkkopflager noch nicht ganz an Ort und Stelle ist. Ich nehme mir in Nawalgarh noch einen Tag Auszeit und demontiere die Gabel noch einmal, presse das obere Lager noch in Richtige Position und kuriere mich nebenbei auch ein wenig von einer Darmgeschichte. Ich bin auf einem Bio-Bauernhof gelandet. Wer hätte gedacht, dass es so was in Indien gibt? Hier wird das Duschwasser tatsächlich per Solarpanel erwärmt, der Strom für die abendliche Beleuchtung wird über den Tag ebenfalls durch Sonneneinstrahlung gewonnen und das abendliche Mal wird auf Tellern aus gepressten Blättern serviert. Gefällt mir.
Nach einem weiteren Stop in Bikaner und Besichtigung des dortigen Forts komme ich in Jaisalmer an. Vom Terassendach meines Hotels hat man einen grandiosen Blick auf das Fort mit seinen 99 Bastionen, dass weithin sichtbar auf einem Plateau liegt. Das Innere finde ich, nachdem ich die Forts in Jaipur und Jodhpur gesehen habe, nicht ganz so beeindruckend.
Nebenbei fällt mir auf, dass sich mein Fahrstil verändert hat. Ich glaube die 10 Tage auf der Rückbank neben Helge und mit Ashok am Steuer haben mich gelehrt wie man Indien fährt…und ankommt. Sich aufregen, dass der LKW jetzt auf der Schnellstraße wieder ganz rechts statt ganz links fährt nutzt nix. Einfach links vorbei. Dabei immer die Hupe dosiert einsetzen. Die heißt nämlich frei nach Hans Albers „Hoppla, jetzt komm ich!“. Die wollen einen hier nicht töten…die können das nur nicht besser… So komme ich sicherer und entspannter an.

Der Süden ruft

So, und nun habe ich genug Forts, Kamele und turbantragende Männer gesehen. Ich will jetzt nach Süden und zwar so schnell wie möglich. In den folgenden Tagen setze ich dies in die Tat um. Über vier Fahrtage und einen Ruhetag in der Mitte lege ich über 1600 km zurück. In Daman, im Bundesstaat Maharaschdra wo ich raste, ist es schon ruhiger und sauberer. Das Hotel ist billig und bei einem Restaurant um die Ecke ist der Service und das Essen fenomenal! Da komme ich glatt zum Frühstück und Abendessen.
Mumbai umfahre ich am nächsten Tag und komme leider in keinem der Hotels in Murud, 160 km weiter südlich, unter, da es hier von Feiertagsurlaubern nur so wimmelt (Republik Day). Und so muss ich die 50 km bis zur Hauptstraße bei Dunkelheit und mit den bekannten Hindernissen (Hunde, Kühe, unbeleuchtete Ochsenkarren etc.) wieder zurück und in einem schäbigen Hotel am Highway übernachten.
Es geht erstaunlich gut voran Richtung Süden auf dem National Highway Nr. 17 am nächsten Tag. Und so kann ich noch am gleichen Tag Goa als Ziel festhalten. Kurz vor der Bundesstaatsgrenze passiere ich zwei Mopedfahrer mit Helm. Der Sozius hat einen riesen Rucksack auf…das sind keine Inder …das ist klar.
Als ich halte, um mir in Panjim eine Unterkunft aus dem Reiseführer herauszusuchen halten die Beiden auch. Niklas studiert tropische Meeresökologie und macht gerade ein Auslandsemester hier und eine Studie für seine Masterarbeit. Kolja ist ein Freund aus Hamburg und besucht ihn hier für 4 Wochen. Die beiden bieten an, dass ich die Nacht bei ihnen schlafen kann, was ich dankbar annehme. Auf der Fahrt durch Panjim, die Hauptstadt des Bundesstaates Goa fällt sofort auf, dass es hier anders läuft. Irgendwie ist Goa nicht wie der Rest von Indien. In manchen Ecken sieht es aus wie in Spanien oder Südfrankreich. Es gibt jede Menge Überbleibsel der ehemaligen portugiesischen Herrschafft. Vor allem die Kirchen und der katholische Glaube sind noch da.
Niklas und Kolja empfehlen in Goa die Strände in Benaulim und Agonda.
Zunächst schaue ich mir Benaulim an, finde aber keine freie Unterkunft und mag auch das Flair nicht so. In Agonda endlich sehe ich die Strandhütten mit unmittelbarem Meerblick, die ich auf Koljas Fotos gesehen habe und miete mich in „My Place“ ein. Die Wände meiner Hütte sind aus Palmwedeln geflochten. Ich habe ein großes Bett mit Moskitonetz und ein kleines Bad mit Dusche und Toilette. Was will man mehr? Eine Hängematte ist schnell gekauft und das Bild ist perfekt.
Ich wollte immer einen Platz finden, wo ich mal einige Zeit zur Ruhe kommen kann. Ich hatte Angst diesen Platz nicht zu finden, weil ich zu wählerisch bin, sich die Gelegenheit nicht ergibt oder ich einfach nicht Stillhalten und Verweilen kann. Aber nun bin ich zufrieden diesen Platz gefunden zu haben. Das Meer rauscht Tag und Nacht, das Wasser ist herrlich sauber und die Palmen und das immer gute Wetter lassen es fasst unreal schön werden.
Und so vergehen die Tage und da ich immer mal eine kleine Beschäftigung brauche, leihe ich mir ein Body-Board um die kleinen Wellen zu reiten, mache einen Ölwechsel in einer der kleinen Werkstätten an der Hauptstraße oder… leihe mir eine Royal Enfield für einen Tag.

Faszination Royal Enfield

Sam 2 hatte oft von „my little Royal Enfield in India“ erzählt. Ich kannte diese Maschine nur von Bildern und war nicht sicher was so toll an einem 350-er Motorrad mit veralteter Technik sein soll. Seit ich Indien bin habe ich nun hunderte gesehen. Es gibt sie mit 350 und 500 Kubikzentimeter Hubraum, in verschiedenen Farben (schwarz, weinrot, metallic) und einer scheinbar endlosen Anzahl von Zusatzanbauteilen. Der Rahmen und die Anbauteile sehen aus als wären sie aus einem Stück gefeilt worden und zwar 1950. Aber das allerbeste ist der Sound. Es ist ein tiefes, blubberndes, böses Grollen. Und das entlocken die meisten Besitzer ihren Enfields mittels Kickstart. Diese Prozedur verleiht der Maschine eine Art „wake up the beast“. Kurzum, ich bin begeistert von diesem Motorrad und schaue ein wenig neidisch auf all Jene, die sie hier mit Packtaschen und großem Tank durch die Gegend fahren.
Neulich im Internet-Kaffee fand ich mich auf einer deutschen Händlerseite wieder. In Indien kostet eine neue 350-er Bullet ca. 1500 Euro. In Deutschland ungefähr das Doppelte. Man kann so eine Maschine auch hier kaufen und nach Deutschland exportieren, allerdings gibt es dann oft Ärger in D wegen der Zulassung. Und überhaupt kann ich im Moment nix kaufen… Macht ja jetzt keinen Sinn. Aber Probe fahren wird doch erlaubt sein.
Also frage ich an einem Morgen im Örtchen Agonda mal herum und bekomme prompt ein 350-er mit Baujahr 2007 ausgeliehen. Ich kicke das Teil also an und fahre davon. Es geht zuerst an die Tanke und dann nach Süden um die Strände dort mal auszukundschaften.
Auf dem Weg fühle ich mich um mehr als 15 Jahre zurückversetzt, als ich mit der Simson S51 von einem Klassenkameraden schwarz durch die Dörfer fuhr. Es ist diese Art von Maschine, die einen den Urstil des Motorradfahrens vermittelt. Die Federung ist hart bis nicht vorhanden, es gibt kein Standgas, keinen Drehzahlmesser, kein Windschild, keinen E-Starter...nix! Es gibt nur den Gashahn und viel Krach hinter einem wenn man an diesem dreht. Die 100 km/h Spitze fühlen sich an wie 200 km/h und in den Ortschaften brauche ich keine Hupe sondern nur kurz vom Gas gehen. Den Rest erledigen die Fehlzündungen im Auspuff.
Ein geiles Ding! Zudem sieht das Model Bullet Machismo mit dem verchromten Tank auch noch einfach gut aus, auch wenn durch den beständigen Salzgehalt der Luft hier einige Teile schon Rost angesetzt haben.
Und so Düse ich zuerst nach Palolem, dem nächsten Strand Richtung Süden. Ein Glück, dass ich hier nicht gelandet bin. Es ist wie „Malle“ in Indien. Unter jeder Palme steht ein Klamottenverkäufer, eine Getränkebar oder ein Strandhüttenanbieter. Und das über die gesamte malerische Bucht. Da hält es mich keine 10 Minuten. Mann, bin ich da gut in Agonda bedient!
30 km weiter südlich finde ich in Polem das ganze Gegenteil. Keine Menschenseele am Traumstrand. Aber wie lange noch?


Und den Finger abspreitzen...nicht vergessen


What a tea!


Die Dicke ohne Nase


Auf dem Öko-Bauernhof


Blick vom Fort in Jaisalmer


Und Blick von der Dachterasse des Hotels...und Wifi hatten die dort auch...


Der Desperado reitet in Goa ein (thanks to Kolja!!!)


Home sweet home


Was braucht man mehr?


Palolem Beach


A bike for a day...

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Määhhh,
schönen guten Tag auch.
Helge hat schon schön von eurer gemeinsamen Zeit berichtet. SO eine Gute, hat mir heute einfach für einen Tag ihr Auto geborgt, weil meins beim Doktor ist.
Na aber zurück zu dir. Das Fort in Jalasamba o.s.ä. is ja echt niedlich.
Aber ich glaube in Goa könnt ichs auch ne Weile aushalten. Mach dir mal noch paar schöne Tage da.

Anonym hat gesagt…

Hab ich nicht immer gesagt, dass es sich in Goa aushalten lässt?

Mach dir ein paar schöne Tage, aber bleib in Goa nicht hängen.

Kerala ist auch schön.

Gruß

STEPHAN

Mario hat gesagt…

Man Palolem war 2002 noch malerisch einsam. 3Huetten am Strand eine Bar das wars... bloeden Touris... Hast Du keine Probleme mit der vertauschten Bremse/Schaltung auf der Enfield gehabt ???

Enjoy

Majo