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Donnerstag, 19. März 2009

Gegensätze...

Und tschüss...

Nachdem das Bike in der Box war brauchte ich am nächsten Tag noch einen Zettel von der Verkehrspolizei von Chennai der bestätigt, dass ich in keinen Unfall verwickelt war.
Ich brauchte 4 Stunden und 500 Ruppies um diesen Zettel zu bekommen.
Die erste Polizeistation sagte sie sei dafür nicht zuständig. Ich muss zum Police Commisioner of Chennai und dies ist der Traffic Commisioner of Chennai. Dort sagte man mir, dass sie mir bescheinigen könnten, dass ich nicht in ein Verbrechen verstrickt bin aber nicht das mein Bike nicht in einen Unfall verwickelt war. Bei Nummer drei war dann gleich der Zuständige nicht da und er der Rikschafahrer wurde schon langsam genervt.
Zurück bei meinem Transporteur Govias und Govias versicherte man mir, dass die erste Adresse die Richtige sei. Also wieder hin.
„Ja ja, das machen wir aber erst am Montag.“
„Wieso?“
„Der Commisioner der unterschreiben muss ist schon ins Wochenende gefahren.“
Da musste ich dann doch etwas grell werden und einen mittelmäßigen Aufstand veranstalten.
Es muss ja schließlich jemand im Haus sein der unterschreiben kann und überhaupt warum weiß hier mal wieder keiner wofür dieser Laden zuständig ist und wofür nicht?
Schließlich werde ich zu einem hochrangigen Polizeibeamten vorgelassen und trage dort ruhig mein Anliegen vor. Der telefoniert mit dem Wochenendler und nach einer weiteren Viertelstunde habe ich den Wisch. Indien live!

Ein Zwiegespräch

Sag mal, wie ist Indien denn nun?
Nun… Indien ist anders…

Wie anders?

Der Ausspruch „das ist eine ganz andere Welt“ Hatte für mich vorher wenig Bedeutung. Ich dachte immer „Was ist da schon so anders? Es gibt Luft und Gravitation, die Sonne geht auf und unter, die Menschen leben.“. In Indien habe ich nun gespürt wie anders ein Land sein kann.
Aber was ist denn nun anders?
Zuerst einmal ist Indien sehr jung, das sieht man im Straßenbild sofort. Ich schätze 70 Prozent der Bevölkerung sind unter 35 Jahren. Und das hat natürlich Auswirkungen.

Ich dachte oft, dass Herbert Grönemeyers Lied „Kinder an die Macht“ hier Realität geworden ist „Es gibt kein gut und kein böse…gibt kein schwarz und kein weis…gebt die Welt in Kinderhände…sie berechnen nicht was sie tun…Sie sind wahre Anarchisten…Lieben das Chaos, räumen ab…kennen keine Rechte keine Pflichten… ungebeugte Kraft, massenhaft…“.

Aber ganz so wunderbar wie sich das im Liedtext bei Herbert anhört, ist es eben nicht.
Bei vielen Dingen in Indien hatte ich den Eindruck, dass die Vernunft hier nicht angekommen ist, dass das Zeitalter der Aufklärung (in Europa im 17- und 18-Jhd.) an Indien vorüber gegangen ist.

Das ist mir alles zu plastisch. Sag mal ein paar Beispiele aus dem Alltag!
Es gibt nicht das große Indien als Volk und den Einzelnen der daran glaubt. Es gibt vielmehr nur den Einzelnen und seine Familie. Er leidet darunter das jeder andere auch so denkt aber würde nie als Erster einen Schritt wagen um dies zu ändern. Und dieses Denken in kleinen Dimensionen und die Ignoranz all derer die man nicht persönlich kennt ist Indien.
Also wird der Müll einfach irgendwo hin geworfen oder verbrannt, damit andere ihn einatmen müssen. Auf der Straße wird gefahren wie es einem richtig erscheint und man gefährdet alle anderen. Die meisten ignorieren die Kranken oder Sterbenden die auf der Straße leben.
Kaum einer hat den eigenen Antrieb zur Selbstverwirklichung, kaum einer kämpft dafür, dass “es meine Kinder mal besser haben“, Bildung spielt bei vielen eine untergeordnete Rolle, die meisten haben nie einen Beruf richtig gelernt, dem entsprechend sind die ausgeführten Arbeiten…die Beispiele sind zahllos…

Das ist hart. Was denkst Du was Gründe für eine solches Dasein ist?
Ich denke es gibt viele Gründe dafür aber als die drei Wichtigsten erscheinen mir Überbevölkerung, Isolation und fehlende Bildung.
Indien hat zur Zeit eine Bevölkerung von 1,1 Milliarden Menschen. 2035 wird es wohl China als bevölkerungsreichstes Land überholen und 2050 soll es seine jetzige Einwohnerzahl verdoppelt haben. Ich stoße an die Grenzen meiner Vorstellungskraft wenn ich mir ein Bild machen soll, dass in 40 Jahren neben jeder Nase dort noch eine steht. Und jeder dieser Menschen möchte glücklich sein.
Ich hatte in Amritsar, im Norden Indiens, mal ein Gespräch mit einem Hindu in einem Tempel. Er meinte richtig, dass ein Mensch fünf Vorraussetzungen benötigt um erfüllt zu sein: Bildung (weltlich, spirituell … wie auch immer), Gesundheit(geistig/körperlich), Quellen (Einkommen/Auskommen), Freiheit(geistig/körperlich), Liebe.
Leider sind wohl die ersten 4 dieser 5 Vorraussetzungen nicht unbegrenzt teilbar und die zunehmende Knappheit bedingt Konkurrenz und Stress.
Die Isolation Indiens bedingt sich schon aus seiner geographischen Lage. Es ist im Norden von hohen Bergen eingeschlossen und im Westen und Osten von Meer umgeben. Auch waren die Inder nie wirkliche Seefahrer, Händler und Eroberer (auch wenn die Chola-Dynastie sich mal bis nach Indonesien und Malaysia ausdehnte). Es gab nie eine echte Kultur der „Eroberung von fremden Wissen“ und der Integration dieses Wissens in die eigene Kultur.
Und heute haben nur sehr wenige Inder die Möglichkeit zu reisen. Ich schätze, dass nur 3-4 Prozent jemals ihr Land verlassen können. Davon sind die Hälfte entweder Wohlhabende oder Inder mit einem guten Job in Europa, Asien oder Amerika. Die andere Hälfte arbeitet für 150 – 200 Euro/Monat als „Sklavenarbeiter“ in zwölf Stunden Schichten, sieben Tage die Woche in den Golfstaaten oder anderswo.
Aber das aller schlimmste ist der Bildungsmangel. Viele verlassen die Schule in der achten oder gar schon in der sechsten Klasse. Die Analphabetenquote ist hoch und die Möglichkeiten oder der Wille diesen Kreislauf zwischen den Generationen zu durchbrechen ist schlecht. Nach einem Zeitungsbericht, den ich las, hat sich die Einschreibungsquote an den staatlichen Schulen in den letzten 10 Jahren bedeutend verbessert. Wie der Bericht selbst zugibt, heißt dies aber nicht, dass die Schüler auch tatsächlich am Unterricht teilnehmen oder der Unterricht gar stattfindet.

Aber Moment, was ist denn mit der IT-Nation Indien? Dafür braucht man doch gut ausgebildete Leute!
Das stimmt. In der Tat gehören diese Spezialisten zu der Bildungsspitze in Indien. Aber wenn man die Zahlen betrachtet ist es ein verschwindend geringer Prozentsatz. Und die Anzahl der Menschen die von dieser Industrie profitieren (als Wachleute, Reinigungskräfte, Assistenten etc.) ist auch sehr gering. Und natürlich ist der Drang ins Ausland zu gehen für die erstgenannte Gruppe besonders groß.

OK genug gejammert. Was kann man machen? Was braucht Indien?
In Persien oder Arabien gab es in jedem Geschäft oder jedem Restaurant immer einen Chef der die Angestellten anleitete, sagte was richtig und falsch ist, was man besser machen kann und auch mal antrieb. Das habe ich Indien meistens vermisst. Solche Leute braucht das Land. Leute die wissen wie was richtig geht und die ansagen. Vielleicht ist hier die derzeitige Wirtschaftskrise sogar eine Chance für Indien, denn es wird geschätzt, dass in den nächsten 2 Jahren allein aus Amerika einhunderttausend Inder zurück nach Indien kommen um dort zu arbeiten und zu leben. Von vielen wird sich eine Firmengründung erhofft.
Und als zweites und letztes braucht das Land dringend einen Plan wie die Geburtenrate in den Griff bekommen werden kann. Ansonsten ist das Ackerland irgendwann nicht mehr unter dem männlichen Nachwuchs teilbar und die Stadtflucht und Verelendung explodiert.

Ehrlich, würdest Du noch mal hinfahren?
Also im Moment denke ich das nicht. Für jemanden der Flächenländer mit wenig Bevölkerungsdichte und Landschaften liebt ist Indien nicht das ideale Reiseziel.
Auch habe ich Indien nach einer gewissen Zeit als zu konservativ erfahren. Es ist einfach nach einiger Zeit immer „derselbe Brei in anders farbigen Tüchern“ mit viel zu wenigen die „anders“(wie auch immer) sind.
Ehrlich gesagt habe ich mich in keinem Land vorher so fremd gefühlt wie in Indien. Das kommt einfach dadurch, dass die Werte die ich mit Indien teile so wenige sind. Und ich spreche hier nicht von Sauberkeit und „Reichtum“, sondern eher von Dingen wie Ehre, Wahrheit, Streben nach Vervollkommnung etc..
Ich bereue aber die Erfahrung nicht.

Ein krasser Wandel

Indien verabschiedete mich am 05. März wie es sich gehört. Mein Flug steht nicht an der Abflugtafel, keiner weiß warum. Er fliegt aber zum Glück doch. Mein Handgepäck wurde durchleuchtet aber bei mir (als einzigem Fluggast) fehlt der „OK-Stempel“ auf dem Anhänger und ich darf noch einmal zurück um diesen zu bekommen. Nur weg hier…

Nach dreieinhalb Stunden Flug lande ich in einer anderen Welt. Singapore ist wohl der krasseste Unterschied zu Indien den man sich vorstellen kann.
Ich verlasse den Flieger, nehme mein Gepäck auf, gehe zur U-Bahn (hier MRT für „mass rapid transport“ genannt). Eine nette Dame erklärt mir, wie ich ein Ticket kaufe. In der U-Bahn kann man vom Boden essen. Ich habe nie irgendwo so saubere Wagons und Haltsstellen gesehen. Die Menschen sehen nun wirklich asiatisch aus.
Ich habe ein wenig Mühe meine Gepäckrolle die zwei Straßen zur YMCA-Herberge zu schleppen. Aber auch hier wieder alles kein Problem.
Die nächsten Tage schaue ich mir Singapore an und stehe immer wieder mit offenem Mund ungläubig an irgendeiner Ecker. Alles ist so sauber(!), alles funktioniert, es gibt große deutsche Autos an jeder Ecke, jeder Passant antwortet sachkundig und freundlich auf Fragen, es gibt Schilder die in die richtige Richtung weisen, alle bezahlen das Selbe…unglaublich!
In Singapore sind sie glaube ich schon weiter als in Europa. Es gibt Gärten an jeder Ecke und jede Pflanze sieht wie von Hand aufgezogen und -gepflanzt aus. Mit dem MRT sause ich durch die Stadt und besuche den Zoo, Sentosa Island, das Finanzzentrum, Chinatown und vieles mehr. Die 75% Chinesen sind fleißige und geschäftstüchtige Leute. Sie haben viel aus Singapore gemacht. 15 % sind Malayen und 8 % Prozent Inder bzw. Tamilen aus Sri Lanka. Auch gibt es viele europäisch stämmige Leutchen hier.
Aber nebenbei habe ich natürlich auch ein wenig zu tun. Ich erkundige mich zuerst wann das Schiff mit meinem Bike denn nun ankommt und gebe meine neue Bleibe an. Die andere, die die Logistik-Firma in Chennai empfohlen hatte, gibt es nicht mehr.
Dann mal bei Perkins vorbei geschaut und bei den netten Damen gefragt, wie man es anstellt und was es kostet das Bike im Juni nach Australien zu verschiffen. Alles kein Problem…
Bevor ich aber mein Bike aus dem Hafen holen kann gibt es noch ein wenig Papierkram zu erledigen. Ich benötige vom hier ansässigen Automobilclub (AA - Automobile Association Singapore) eine Versicherung und ein ITC (International Circulation Permit)…wie eine Art Vignette. Die Dame bei der AA ruft für 10 Tage Versicherung 267 Singapore Dollar (130 Euro) auf und ich bekomme wieder Atemnot. So viel bezahle ich in Deutschland nicht für das ganze Jahr. Ja, das sei nun mal in Singapore teuer und es gelte je schließlich auch für Malaysia. Ich breche das Gespräch ab und erkundige mich im Netz. In Malaysia kann ich eine Versicherung für ein Zehntel haben. Andere Versicherungen in Singapore die ich anrufe, lehnen meinen Antrag ab. Am nächsten Tag komme ich wieder zur AA und diesmal zu Rosie Chan. Sie ist die Frau die Ahnung hat und die andere Hexe will ich nie wieder sehen. Sie sagt es kostet 133 SD für eine Woche nur Singapore…das will ich hören! Aber erst wenn der Hafen hier telefonisch bestätigt, dass das Bike da und entladen ist.

Papierkram und Besteckfahrer

Es vergehen zwei weitere Tage in denen ich zum Teil aller drei Stunden im Lagerhaus des Hafens anrufe um nach meiner Box zu fragen. Der Kahn ist auch schon zwei Tage da.
Dann noch ein Empfehlungsschreiben von der örtlichen Spedition geholt, mit der ich das Hafengelände betreten darf. Dann wieder zur AA und die Versicherung und das ICP klar gemacht. Und weiter geht’s zur Land Transport Association (LTA) wo ich meinen Autopass für das örtliche Mautsystem kaufe. Da ich aber keine elektronische onboard unit für einen Tag will. Muss ich bis 20 Uhr warten, bis ich Singapores Straßen befahren darf. Dann wird nämlich das ERP (electronic road pricing- System) abgeschaltet. Ansonsten hagelt es jeweils 70 SD (35 Euro) Strafe …je durchfahrenem Mautcheckpunkt.
Fragen bzgl. Abkürzungen in Singapore übrigens immer gern an mich…

Gegen vier Uhr nachmittags geht’s zum Hafen. Endlich!
Ich lasse meine Verbrechervisage auf einen Hafenpass drucken und ab geht’s in das riesige Lagerhaus, zweite Ebene. Und da steht meine Kiste. Ein netter Lagerarbeiter (tätowiert wie ein Yakuza) gibt mir einen Schraubenzieher und einen Zimmermannshammer. Und nach ein wenig Papierkram und weiteren 200 SD (Wiederholung: Singapore Dollar) geht es los.
Kiste aufbrechen. Ruck zuck sind die Seitenwände runter. Alles ist noch drin und unbeschädigt. Hey, Du mit dem fahrbaren Besteck der da so schaut, komm mal her und setz mal hier unter dem Unterfahrschutz an. Ja, langsam hoch. Ok, Hauptständer ist draußen, kann jetzt das Vorderrad einbauen. Danke, kannst abfahren. Also Vorderrad rein, Batterie anklemmen, Koffer ran, einpacken, abhauen. Mist, Karre spring nicht an. Ahhh, Massekabel nicht richtig dran. Jetzt aber.
Ja, Jungs und Mädels beim Zoll, datt is’n Carnet. Ihr stempelt und unterschreibt hier und hier und behaltet das Stück und ab geht’s. Wo ist die nächste Tanke? Da stell ich mich unter und futter Süßes bis es 20 Uhr ist und ich durch die Stadt düse. Ein geiles Gefühl!

Am nächsten Morgen rolle ich zu M-Technik in Singapore. Habe mich doch dazu entschlossen schon hier eine neue Kiste zu kaufen. Die andere ist wegen der abgerissenen Aufhängung nicht mehr sicher genug. Da die Aufhängungen der Kiste erst hier angebracht werden, habe ich ein wenig Zeit mit einem Australier der hier schon sieben Jahre arbeitet fachzusimpeln.
Dann geht’s über die Schnellstraße Richtung Malaysia. Auf der malaysischen Seite gibt der Zöllner offen zu, dass er zum ersten Mal ein Carnet abfertigt. Diese Ehrlichkeit finde ich gut. Man kann ja nicht alles wissen. Naja, ich weiß ja in diesem Fall zumindest bescheid und helfe ihm. Und schon bin ich in Malaysia.


...von wegen...


Samstag Abend "allein" am Strand


alles indisch


Hochauflösender Druck


Wenn Du groß und stark werden willst, dann geh zu den Soldiers...


Welcome to Singapore


Chinatown




Jede Menge Buddas...


...und Skater, BMX-er, Breakdancer...


Sir Charles Raffles


Igelbau...


Und das gute Lichtenauer gibts hier auch


Guten Tag die Herren, Besucher oder Bewohner hier?


Ja, irgendwo muss sie doch sein...die Kiste

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