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Montag, 24. August 2009

Endloses Warten in Weipa

Schnelle Bikes und dumme Gedanken

Vom Pool aus sehe ich drei andere Biker auf zwei 990-er KTM’s und einer BMW eintreffen. Sie sehen mein Bike stehen und schnell kommt man ins Gespräch. Die Drei kommen gerade zurück vom Cape York und haben noch 54 Tage zur Umrundung Australiens. Die zwei KTM-Fahrer sind früher Rennen gefahren und lassen es wohl ordentlich krachen. Nach einem Reifenwechsel in Cairns haben sie nach 2500 km ihre Hinterreifen schon wieder verschlissen. Der BMW-Fahrer auf einer neuen F800 GS kommt wohl manchmal schlecht hinterher und fiel des Öfteren im Sand. Die Jungs sind wirklich leicht unterwegs und verwenden statt Alu-Boxen gleich nur die Ortlieb-Softbags. Aber an Technik lassen sie sich dann doch ein Satelitentelefon und ein Notfallpiepser mit GPS nicht nehmen. Im Voraus haben sie an fünf Stellen Reifen hinterlegen lassen. Die meinen es ernst! Sie sagen auch, dass die Waschbretter Richtung Cape York an der schlimmsten Stelle 20 Zentimeter tief sind. Und wenn man sie mit 120 km/h nimmt wären sie kaum spürbar. 120 km/h…!So schnell bin ich dann doch nicht unterwegs und wähle am nächsten Tag doch die etwas längere dafür aber asphaltierte Route nach Osten. Am Nachmittag komme ich im Undara Nationalpark an, der für seine Lavaröhren und eher unscheinbaren Vulkankegel bekannt ist. Auf dem Zeltplatz nistet sich neben mir ein älteres Ehepaar mit ihrem Allradvehikel und Anhänger ein. Er bietet mir sofort eine Tasse Tee an und im Gespräch ergibt sich, dass die beiden aus den Snowy Mountains kommen und nach der Abgabe ihres Gästehauses dort nun auf Altersreise sind. Er läuft leicht gebeugt wohl von den vielen Jahren in denen er für viele Gäste gesorgt hat. Sie hat eher den Oma-Charme und macht witzelt darüber, dass sie beide im Anhänger schlafen, der doch so klein ist.Als ich im Halbdunkel anfange zu kochen passiert etwas Unerwartetes. Er flucht mit einem mal laut und bricht zwei Minuten später in herzerweichendes Schluchzen und Weinen aus. Nur wenige Worte sind danach zu hören. Ich vermute einen Krach zwischen den Beiden und traue mich nicht rüber. Ehrlich gesagt ist mir das auch ein wenig unheimlich, denn die Art des Fluchens und dann der plötzliche Ausbruch in Tränen passten so gar nicht zusammen. Vielleicht hat er auch eine Persönlichkeitsstörung? Was mag da nur los sein?Am nächsten Morgen koche ich Tee und mit einem Mal kommt er auf mich zu und entschuldigt sich bei mir für seine lauten und unangebrachten Worte gestern. Seine Frau habe ihm nach einem Telefonat mit der Heimat gesagt, dass sein Hund überfahren worden sei. Ich gebe mein Mitgefühl zu verstehen und schäme mich insgeheim ein wenig. Hätte ja ruhig gestern schon mal rüber gehen können und fragen ob alles in Ordnung ist. Aber stattdessen geistern mir wilde Gedanken durch den Kopf. So ein Unsinn!

Ruhestörung

Die Lavaröhren sind danach recht beeindruckend. Man kann sich gut vorstellen, wie hier vor langer Zeit unterirdisch Lava strömte und dabei fast nicht abkühlte. Die größte Röhre hat einen Durchmesser von fast 20 Metern.Über die Atherton Tablelands, die aussehen als hätte man das Heidi-Land nach Australien versetzt fahre ich weiter nach Norden. Nach über 500 Tageskilometern komme ich schließlich am Roadhaus Laura an. Den winzigen Campingplatz an der Straße teile ich mit Wenigen. Die Nacht kann ich kaum schlafen, weil mich entweder das Geschrei einer Flughundkolonie oder das Geschrei einer offensichtlich ordentlich angetrunkenen Aboriginie-Frau wach halten. Letztere hat ein Organ, dass man hunderte Meter weit hört und offensichtlich ist sie wütend auf etwas oder jemanden.

Ausgebremst

Bramwell Station ist ein ordentliches Tagesziel. Sie liegt am Ende der gut ausgebauten Strecke nach Norden und von dort aus soll es über den berüchtigten Telegraph Track weiter bis ans Cape York gehen. Die Peninsula Development Road bis dorthin erscheint mir die ersten 250 km wie eine Autobahn. Mit fast 100 Sachen brettere ich über die Piste. Hin und wieder kommt ein Auto entgegen und ich sehe für eine Sekunde wegen des aufgewirbelten Staubes nichts. Kommt einer der bis zu 50 Meter langen Road Trains, mache ich mich ganz von der Gasse auf den Seitenstreifen. Am Archer River Roadhouse tanke ich noch ein wenig zu. Die vorderen beiden Tanks lasse ich fast vollständig leer, denn ich habe jetzt fast aller 200 km eine Tankmöglichkeit und will das Vorderrad für die bevorstehenden Sandstrecken unbelastet lassen. Nach 30 km gibt es nach einem Huckel ein schleifendes Geräusch. Mein Kettenschutz hat sich nun endgültig verabschiedet. War sowieso schon sein Thailand angebrochen. Ich löse die letzten Schrauben und das Ding fliegt im hohen Bogen in den Busch. Nach weiteren 50 km wundere ich mich wie das Bike über Bodenwellen schwingt, denke mir aber nichts dabei. Erst als ich kuppeln will und der Kupplungshebel zu klemmen scheint, halte ich an. Wie ich mit einem Blick sehe wird der Kupplungsbautenzug am unteren Ende von einem Bolzenrest blockiert. Ja und wo der her kommt weiß ich sofort.Hatte ich doch in Kuala Lumpur (Malaysia) die unteren Bolzen gegen Stahlbolzen austauschen lassen, die oberen aber belassen. Nun war also der obere linke Bolzen gebrochen. Ein Blick auf die andere Seite lässt mich kurz erschaudern. Der andere Bolzen ist nur noch mit ein paar Umdrehungen an der Mutter festgeschraubt. Das hätte weh tun können.Ich ziehe den einen Bolzen also wieder an und entscheide mich, den anderen durch einen Bolzen vom Kofferträger zu ersetzen. Am Straßenrand liegt mein gesamtes Habe und daneben ist mein Werkzeug ausgebreitet. Aller 10 Minuten fährt ein Auto vorbei. Jedes Dritte hält gar an und fragt ob es helfen kann. Nein, ich hab alles im Griff danke. Trevor aus Weipa sieht sich mein Problem genauer an und meint, dass es in Weipa Ersatz für den Bolzen gäbe, auf meiner Strecke aber mit Sicherheit nicht. Weipa liegt 120 km neben meinem Weg und ich entscheide mich auf Nummer sicher zu gehen. Dann höre ich einen Motor. Ein anderes Offroad Bike nähert sich, eine Staubwolke hinter sich her ziehend. Es wird langsamer und hält schließlich laut knatternd bei mir. Es ist ein wenig als würde man seinem Spiegelbild begegnen. Nun ja, nicht ganz aber interessant aus der anderen Perspektive. Carl ist auf einer 650-er Suzuki unterwegs. Er setzt den Helm ab. Sein Gesicht ist von Staub bedeckt, die Lippen rau und zerrissen, er saugt ab und an offensichtlich leicht dehydriert an seinem Camelbackschlauch. Er kommt eigentlich aus Tasmanien und führt im Sommer dort Wandertouren und fährt Kanus mit Touristen. Jetzt hat er frei und ist mal wieder unterwegs in Australien. Er bietet seine Hilfe an. Aber ich lehne dankend ab, im Moment kann er nichts für mich machen. Wir tauschen ein paar Geschichten und Streckeninformationen aus und dann düst er wieder ab.In Weipa angekommen, checke ich auf dem örtlichen Campingplatz ein. Am nächsten Tag packe ich früh und bin einer der Ersten am „Mitre 10“ Baumarkt. Was für ein Segen, dass es einen solchen hier gibt. Schnell habe ich alle Bolzen die ich brauche herausgesucht und fange direkt vor dem Baumarkt an zu schrauben. Also wieder Sitzbank ab, Verkleidung ab, Tanks ab. Schnell sind die Bolzen ausgewechselt. Dann ist mir noch aufgefallen, dass meine Lampe auch aus der Fassung gerüttelt wurde. Ich behebe auch das.Ach nö! Jetzt fehlt auch noch die Mutter am unteren Bolzen des Federbeins. Ich kaufe eine Mutter und versuche sie aufzuschrauben, was mir nicht gelingt. Habe die Nase voll und fahre kurzerhand zwei Straßen weiter zu einer Autowerkstatt und bitte um Hilfe. Der Mechaniker meint nur, dass ich wahrscheinlich eine UNC statt einer metrischen Mutter gekauft habe. Sprich, die Windungsmaße passen nicht zusammen. Dann prüft er kurz das Dämpferspiel am aufgebockten Motorrad und meint nur „ohoh“. Er kommt aus Neuseeland und kennt sich wohl mit Bikes aus. Er sagt, dass er sich gern mal den oberen Aufhängepunkt des Zentraldämpfers ansehen würde. Dazu muss aber das gesamte Rahmenheck raus. Naja, die vier Bolzen an dem es aufgehängt ist sind schnell entfernt und die Benzinleitungen, ein paar Kabel und weitere Schrauben und das Heck wird in die Ecke gestellt. Da haben wir den Salat! Die obere Dämpferaufhängung ist ausgeschlagen. Jetzt ist guter Rat teuer. Kurzerhand baue ich den Dämpfer ganz aus. Das sieht jetzt nicht gut aus. Weiterfahren ist zu riskant, da der Dämpfer schon am oberen Ende so lose war, dass er gegen den Rahmen prallte und man Spuren erkennt. Ein neuer Dämpfer kostet schnell tausend Euro und wäre sowieso aller bestens in Cairns (900 km entfernt) erhältlich. Der Mechaniker meint, dass kann jemand mit Fachkenntnissen reparieren und verschafft mir eine Adresse eines Motorradmechanikers in Weipa. Dann lagert er mit mir zusammen mein Bike im sicheren angeschlossenen Schuppen ein und fährt mich sogar noch an den Flughafen zur nächsten Leihwagenfirma. Ohne Auto wäre ich hier total aufgeschmissen, denn öffentliche Verkehrsmittel existieren nicht und die kleine Minenstadt zieht sich ganz schön. Ich bekomme einen Mazda 121 älteren Baujahrs und verstaue meine Habseligkeiten im Kofferraum. Als ich losfahre habe ich das Gefühl Butch (alias Bruce Willis) aus dem Klassiker „Pulp Fiction“ in seinem uralten Honda Civic zu sein. Wie er schmeiße ich die Türen zu und pfeife einen Countrysong aus dem Radio auf dem Weg zum Motorradmechaniker nach.Ich übergebe am nächsten tag Greg, dem Motorradmechaniker, meinen Dämpfer in einem Paket. Er hat mit einem Partner in Brisbane telefoniert und der meinte er hat das entsprechende Material (obere Aufhängungshülse) am Start und kann den Dämpfer auch fachmännisch neu begasen und mit Öl befüllen. Er will auch gleich alle Dichtungen auswechseln und das Ding wäre dann wie neu. Angeblich macht er das Hauptberuflich auch für Rennteams etc. und ist sehr zuverlässig.

Warten in Weipa

Ab jetzt beginnt die lange Wartezeit. Wahrscheinlich über eine Woche muss ich ausharren bis der Dämpfer nach Brisbane (über 2000 km entfernt) geflogen, dort repariert und gewartet wird und dann zurück in Weipa ist. Was macht man also in einer 3000 Seelen Minenstadt ca. 10 Tage lang? Ehrlich gesagt löst der Gedanke an die lange Wartezeit in mir einen Horror aus. Es gibt hier nicht viel zu tun und ich beginne herauszufinden, wie man die Zeit totschlagen kann. Erste Adresse ist die Bücherei. Hier kann ich ins Internet gehen und lesen. Mit der Bibliothekarin mache ich aus, dass ich ungestört in einer Ecke an meinem Laptop sitzen kann. Dann gibt es das Schwimmbad, in dem ich für 3 Dollar jede Menge Bahnen schwimmen kann. Woolworth als Supermarkt versorgt mich mit jeder Menge Lebensmitteln. Das Gewicht dieser ist ja dank Leihwagen vorübergehend egal und ab jetzt ist die Diät aufgehoben. Da gibt es am Abend mal ein Känguruhsteak (lecker die Hüpfer) oder Eierkuchen. Morgens gibt’s jetzt immer Müsli mit Früchten und Milch.Eine Tour durch die Mine mache ich gleich am ersten Tag. Der Abbau der Bauxitvorkommen (übrigens die Größten der Welt) ist nicht wirklich spannend. Es wird nicht gesprengt und es werden auch keine Chemikalien eingesetzt um an das Erz zu gelangen. Stattdessen wird einfach nur die oberste Erdschicht abgetragen und das darunter liegende Erz (eine ca. 9 Meter dicke Schicht) mit großen Schaufelradbaggern zusammengeschoben und auf riesige Erztransporter gekippt. Die bringen es zu einer 32 km langen Bahnlinie und am Ende dieser wird es auf Schiffe verladen, welche es nach Gladstone bzw. direkt nach China bringen. Im Moment läuft die Mine nur auf 75 Prozent ihrer Kapazität, wegen der weltweiten Krise. Es wird aber wohl besser.Ich habe sogar schon an mehreren Stellen nach Jobs gefragt. Ein geringfügige Anstellung würde mich ablenken und auch ein wenig der Kosten decken. Leider ist im Moment nirgendwo etwas zu bekommen. Ich versuche meine Lebensgeister nicht hängen zu lassen und mich zu beschäftigen.


Der Purple Pub in Normanton


Undara Lava Tubes


Da mach ich besser Platz


Besser locker als lose


Bauxit-Mine in Weipa


Rio Tinto hat die Mine vor ein paar Jahren gekauft


Eine Attraktion in Weipa...der Sonnenuntergang...viele Australier von der Ostkueste sehen ihn zum ersten mal am Meer

3 Kommentare:

Mario hat gesagt…

Wer ist Rio Tinto ? Und haben die da keine Bar ? Ist das Teil denn nun schon angekommen ? Und den Abschnitt mit den Lavaroehren hab ich nicht gerafft... Wurmloecher im AlpenLand ? Du musst ganz schoen Sonne getankt haben.... schwing Deinen Allerwertesten mal langsam runter Baby

Schäfchen hat gesagt…

Määähäääähääääähhhhhh!!!
shit - nur Zweeter

Bussard du bist ein Raser - das stelle ich hier jetzt einfach mal so in den Blog. *Ironie* Ich würde mit _meinem_ Beamer auch nicht mit 120 Sachen über die Schlaglöcher heizen. !!! L-O-W R-I-D-E-R !!! *rulez*
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"Geh rein, beruhige die Nigger und warte auf Greg der jeden Moment kommt"
So men Dicker, jetzt mal noch ein ordentliches Müslifrühstück und weiter geht die Reise.

Anonym hat gesagt…

Yohho!! Undara Lava Tubes, wollt ich dir noch empfehlen, aber du hast schon alles richtig gemacht. Schöne Runde durch die Lava-Höhlen mit dem Rundgang am Vulkan-Krater.Thumps up.

Du lässt dir wieder die Ersatzteile ans äußerste Ende von Cape York kutschen, ts,ts,ts...:-)

Kopf nich hängen lassen, zur Not meditierst du mal 'ne Woche da oben.

Peace out
Mr.Nice