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Mittwoch, 2. September 2009

"Ich will da hoch"

Endlich raus aus Weipa

Ab Mittwoch erwarte ich meinen Dämpfer zurück. In der Zwischenzeit bin ich schon fast ein Bürger Weipas geworden. Trish, die Bibliothekarin begrüßt mich jeden Morgen mit leichtem Winken von Ihrem Tisch aus. Die Dame die den Pool betreut meint, dass ich bestimmt noch eine weitere Woche in Weipa ausharren muss. Bitte nicht!
Es vergehen weitere 2 endlose Tage bis mich Greg am Freitag in der Bibliothek anruft und mich erlöst. Sofort fahre ich zu Kowari Motors, wo mein Bike lagert, und beginne mit dem anderen Greg dort den Dämpfer einzubauen und alles wieder zusammenzusetzen. Es macht keinen Sinn gegen 16:00 Uhr aus Weipa zu verschwinden und so bleibe ich noch eine Nacht. Ich habe außerdem Gesellschaft von Shane und Dean bekommen. Sie kommen gerade mit ihren Maschinen vom Kap zurück und haben gute Informationen für mich. Am Abend gehen wir gemeinsam in dem Pub und essen.
Dean hat sein Bike bei der letzten Flussquerung „ersäuft“. Er war einfach zu tief. Sie brauchten Stunden um alles zu trocknen und den Motor mit Öl zu spülen. Shane ist über eine provisorische Brücke aus Baumstämmen gefahren und fand das auch schon recht heiß. Der Fluss davor (Canal Creek) ist wohl sehr sumpfig und man muss zudem noch ein ganzes Stück in ihm entlang um die andere Seite zu erreichen. Die Beiden lösten das nur, in dem sie die Bikes einzeln und mit angehobenem Hinterrad, über dem der Lufteinlass sitzt, durchschoben. Diese Stellen schaffe ich definitiv nicht allein.
Generell ist mein Ziel soviel wie möglich der alten Telegrafenstrecke (auch OTT genannt…old telegraph track) zu fahren. Parallel zu dieser verliefen die Masten der Telegrafenleitung über die vor hundert Jahren Nachrichten zwischen London und Sydney mit vielen Zwischenstationen innerhalb von 24 Stunden übermittelt werden konnten. Der OTT besteht aus einem südlichen und einem nördlichen Teil. Der südliche Teil ist ca. 70 km lang und der nördliche 50 km. Beide Strecken sind schmal, z.T. recht sandig und man muss ein Dutzend Bäche oder Flüsse durchqueren. Seit einigen Jahren gibt es eine Umfahrung beider Teile, die einigermaßen gut ausgebaut aber eben nicht die original Telegrafenstrecke ist.

Über den Old Telegraph Track zum Cape York

Am Sonnabend fahre ich endlich aus Weipa weg. Am nächsten Tag wäre ich zwei Wochen hier gewesen. Als ich wieder auf meinem Bike sitze, weiß ich wie viel mir Motorradfahren bedeutet!
Es geht zunächst 70 km auf der Straße Richtung Südosten zurück bevor ich eine Abkürzung nehme um auf die zentral auf der Cape York Halbinsel Richtung Norden verlaufende Development Road zu kommen. Zurück auf dieser gebe ich Gas und merke sofort, was der Unterschied zwischen einem ganzen und einem defekten Dämpfer ist. Die Waschbretter kümmern mich jetzt nicht mehr viel.
In Bramwell Junction, eine Viehstation auf dem Weg, werden die Männer von den Jungs ausgesondert. Nach rechts biegt die Umgehungsstraße ab und halb links geht ein schmaler Track in den Busch, der südliche Teil des noch vorhandenen OTT beginnt hier. Ich lasse meine schweren Koffer hier in einem der Schuppen und packe alles was ich brauche in meine Gepäckrolle. Dann lasse ich den Motor an und biege in den Busch ab. Es geht zunächst für viele Kilometer auf einem schmalen Track geradeaus. Die Uferbank des fast wasserlosen Palm Creek lässt meinen Atem im ersten Moment leicht stocken. Um nach unten zu gelangen muss man über einen Stein sehr steile eineinhalb Meter hinab. Ich suche mir eine Linie aus und fahre hinab.
Dann habe ich Gegenverkehr. Fünf schwere Geländewagen bahnen sich ihren Weg nach Süden. Ich warte an der Seite bis der letzte vorbei ist und versuche nicht zu viel Staub einzuatmen. Ein hoffnungsloses Unterfangen! Möchte sehen wie die die Böschung des Palm Creek hinauf kommen!
Den nächsten Bach laufe ich ab, finde aber keine gute Linie um nicht in einem der tiefen Löcher in der Mitte abzusaufen und entscheide mich am Ende für einen Single Trail der von anderen Bikern an einem ca. 3 Meter hohen Hang an der Seite geschlagen wurde. Ich raste das Vorderrad am unteren Ende ein, erster Gang rein, durchatmen, Gas…ich bin oben.
Der Track verläuft weiter über große Ebenen mit mehr Büschen als Bäumen, durch Wälder und durch ein paar andere kleinere Bäche. Manchmal ist der Track so schmal und durch Büsche eingewachsen, dass mein Spiegel ständig mit Ästen kollidiert. Versuche ich weiter mittig zu fahren, beginne ich im Tiefsand das Gleichgewicht zu verlieren. „Linie fahren“ heißt also das Motto. Drei mal habe ich kleinere Umfaller im Sand. Zwei davon völlig unnötig. Jedes Mal muss ich dann das Gepäck hinten lösen, das Bike aus dem Sand aufrichten und wieder in die Spur stellen. Meine Lungen drohen dabei zu bersten. Dann das Gepäck wieder drauf und weiter geht’s.
Gunshot Creek ist einer der Punkte, den ich aus dem Internet kenne. Ich habe auf Youtube Videos gesehen, wie Geländewagen versuchen die Böschung hinunter zu kommen. Dabei stellten sich mir immer schon die Nackenhaare auf und ich bekam dieses leicht morbide Angstgrinsen. Jetzt stehe ich selber hier. Eine Viertel Stunde laufe ich alles ab und sehe mir alles genau an, von oben und von unten. Zwei Stellen schließe ich kategorisch aus. Sie sind fast senkrecht und am unteren Ende sind Wassergruben die einen Meter oder tiefer sind. Ein Single Trail kommt in die engere Wahl aber er ist an der entscheidenden Stelle recht tief im Stein und ich bin mir nicht sicher ob meine Fußrasten aufsetzen würden. Der weiter rechts gelegene Abhang ist länger und am unteren Ende wahrscheinlich auch ein Killer für Autos. An einer Seite sehe ich aber eine Linie. Das ist meine! Gepäck wird abgenommen. Jetzt noch das blöde ABS ausgemacht. Ein nicht blockierendes Hinterrad kann ich jetzt nicht gebrauchen. Dann wieder, an die Kante, Hinterradbremse leicht gelöst und ich gleite langsam nach unten. Kein Drama! Dann wieder hoch gestapft Gepäck geholt, aufgesattelt und mit Gas die weniger gefährliche Böschung auf der anderen Seite hoch. Der Fluss an sich ist 4 Meter breit und 30 cm tief. Ein Witz in der Trockenzeit.
Es wird spät. Mein GPS sagt, dass in einer Stunde die Sonne untergeht. Verdammt, es sind noch über 30 km. Das schaffe ich nicht. Das Wasser in meinem Camelbag geht auch zur Neige. Am nächsten Fluss, dem Cockatoo Creek, beschließe ich mein Lager aufzuschlagen. In einer Wendeschleife baue ich mein Zelt auf. Ich bin erschöpft und glücklich endlich aus den Klamotten raus zu kommen. Alles ist nass! Unten am Fluss bade ich in der Abenddämmerung. Und wie ich da so im Wasser sitze wird mir klar, wie herrlich das eigentlich ist. Um mich herum ist nur Wildnis. Dann werden Nudeln gekocht und Tee getrunken. Wohliges Stöhnen erfüllt mein Zelt, als mein Körper die weiche Isomatte verformt. Zwei Stunden später werde ich von Motorenlärm geweckt. Wer fährt denn hier nachts über den OTT??? Wie ein verschrecktes Eichhörnchen schaue ich aus dem Zelt und sehe ein halbes Dutzend Armee LKW’s plus Begleitfahrzeuge im Mondschein. Sie haben sich aufgereiht und durchfahren einer nach dem anderen unter scheinbaren Einsatz aller Untersetzungen und Differentialsperren etc. den Fluss. Hinter einem Busch und im Dunkel bleibt mein Lager unentdeckt. Nach zehn Minuten ist der Spuck vorbei. Diese Spinner!
Am nächsten Tag durchfahre auch ich nach einem guten Frühstück den Fluss und beschließe, dass es zu viel Kraft kostet das Bike fallen zu lassen und das heute nicht zu tun.
Weiter geht es relativ einfach bis zum Ende des südlichen Teiles des OTT. Ich fahre in den nördlichen Teil ein und danach direkt zu den Fruit Bat Falls, einem netten Wasserfall. Besser sollen allerdings die Twin Falls bzw. der Elliot Fall ein paar Kilometer weiter sein. Dort komme ich zum Mittag hin an und genieße ein langes Bad in den Pools der Twin Falls.
Der Rest ist ein echter Spaß im Sand und bei Auf- und Abfahrten sowie Flussdurchfahrten. Ich kehre am Ende etwas nach dem Cannibal Creek um und nehme eine kleine Piste zurück zur Development Road. Wie gesagt, hätte ich die nördlichen zwei Flüsse allein nicht bezwingen können und habe ja auch mehr als ein Drittel des nördlichen Teils des OTT bezwungen. Das reicht mir.
Nach der kleinen Fähre über den krokodilverseuchten Jardine River ist es nicht mehr weit bis nach Bamaga. Nach einem Tankstopp ziehe ich durch. Noch 40 km bis zum Kap. Die letzten 10 km geht es über eine rote, glatte Piste durch Regenwald. Lianen schlagen gegen meinen Helm. Urwaldgeräusche überall. Dann endlich, parke ich das Bike am Strand und laufe die letzten 200 Meter. Da ist das Schild, „nördlichster Punkt des australischen Kontinents“. Geschafft!

Zielvorfreude

Nach nur einer Nacht am Loyalty Beach düse ich wieder Richtung Süden, diesmal über die Umgehungsstraße des OTT. Hier gibt es wieder ein paar böse Wellblechstellen. Verdammt, irgendwas stimmt mit dem Dämpfer immer noch nicht. Da ist so ein Schlagen, das nicht vom Hauptständer kommt. Ich denke es kommt wieder vom oberen Aufhängungspunkt. Irgendwie wächst das Gefühl in mir, dass der obere Bolzen für die Dämpferaufhängung nicht groß genug ist. Noch mal Weipa, nein danke! Dann muss ich eben den „Arsch“ (Heck des Mopeds) noch mal in Sydney abnehmen und nachschauen. Ich muss nur bis zur Teerstraße nach Cape Tribulation kommen…700 km entfernt.
In Bramwell Junction bekomme ich meine Koffer zurück und sause bis nach Archer River, wo ich übernachte. Ich reiße 508 km am nächsten Tag ab und komme am Ende in Cape Tribulation an. Cape York war für mich ein absolutes Muss! Ich habe es trotz Anstrengungen genossen und fand es nicht zu schwer. „Aufgeben“ schlage ich noch immer im Fremdwörterbuch nach.
Jetzt ist Sydney, mein Ziel, zum greifen nah. Noch ein paar Tage Fahrt.


Ohne Koffer gehts besser..


Ach Herrje!


Gegenverkehr


Jede Menge Gegend


Überall würde ich auch nicht rein gehen...


...tut so gut...


Fähre über den Jardine River


Regenwald kurz vor dem Kap


So, geschafft!


Blick nach Südwesten vom Kap aus


Zum Thema Gunshot Creek nur so viel...(die anderen Videos auf Youtube sind auch sehenswert)

3 Kommentare:

Mario hat gesagt…

Genitiv und Dativ... naja man wird ja nicht klueger im Jungle...aber nur geil Alter! Schreib das Ganze nochmal ordentlich und mach uns alle gluecklich.... wenn Dein Schneewitchen abkackt kannste meine Susi missbrauchen... damn ich mach die Nacht durch ich hau morgen ab Richtung Europe keinen Bock auf Jetlag.. ich lass dirn beer im kuehlschrank

Jonny

Schäfchen hat gesagt…

määähhh!
back on track - wie erlösend.

Henry hat gesagt…

statt eines richtig guten Männerurlaubs, geht es stattdessen nächste Woche mit Frau und Kind zum Shoppen nach New York.
Ich beneide dich um deinen Trip.

Lass die Krokodile in Ruhe oder beiß wenigstens zurück.

Viel Spass noch
Henry