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Donnerstag, 13. August 2009

Pistenstart

Zurück auf Start

Die Nacht im Hostel nach meiner Rückkehr nach Darwin war kurz. Ich fühle mich nach vier Wochen mit Helge und Lasse unterwegs wie zurück ‚auf Start’ gesetzt und natürlich auch allein. Ich hohle mein Bike bei Perkins ab und Toni erlässt mir auch noch die Lagergebühren. Danke! Dann fahre ich mit dem mitgebrachten Reifen zu einer Motorradwerkstatt um ihn aufziehen zu lassen. Ich brauche ein wenig um zusammen mit einem Mechaniker die Achse, die mit den Radlagern festgerostet ist, herauszubekommen. Dann wechsle ich endlich noch den linken vorderen Blinker aus. Der alte wurde mir über Nacht in Syrien halb abgerissen. In Asien hat das keinen interessiert aber hier zählt blinken wieder.
Nach einer kleinen Motorradinspektion bekomme ich das Motorrad bei der örtlichen Verkehrsbehörde des Northern Territory auch registriert. Das ist wichtig, denn sonst bekomme ich keine Haftpflicht und ohne diese darf ich hier gar nicht fahren. Jedenfalls hält sich der Papierkram in Grenzen und so komme ich gegen vier auf dem Zeltplatz an.

Umgewöhnung

Nach der langen Zeit in Asien geht es nun wieder anders rum. Für wenig Geld in einem Hotelzimmer zu übernachten war schon echter Luxus. Und natürlich verschwendete ich auch keine Gedanken daran einzukaufen. Ich fiel einfach aus der Tür auf die Straße und in das nächste kleine Restaurant oder ging an einen Straßenstand und war satt.
Nun muss ich für Tage vorplanen und Vorräte mitnehmen, vor allem für die einsamen Outback Pisten.
Ich brauche auf dem Zeltplatz geschlagene zwei Stunden bis ich alles wieder an dem Platz in meinen Kisten und im Packsack habe, wo es hin gehört. Dann verschwende ich noch einen Gedanken daran mir einen Campingstuhl zu kaufen. Am Ende entscheide ich mich dagegen. Das Ding wäre mir im Moment nur im Weg.
Beim Einkaufen im Supermarkt wird mir klar worauf ich alles verzichte und wie weit es schon mit meiner „Gewichtsersparerei“ gekommen ist. Beispiele: Es gibt keine Margarine und kein Öl. Es wird nur die kleinste Zahnpastatube und die kleinste Packung Duschgel gekauft. Deo? Was soll das? Waschpulver gibt’s hoffentlich auf dem Zeltplatz, sonst muss Duschgel reichen. Zum trinken gibt es nur Tee oder Wasser. Pasta und Reis sind meine Freunde.

Sorgenfalten

Kurz bevor ich endlich aus Darwin verschwinde, will ich mir noch eine Handy-Karte von Telstra besorgen. Dieser Betreiber bietet wohl landesweit eine bessere Abdeckung als viele anderen. Als ich in die Smith Street einbiege werden meine Augen hinter meiner Motorradbrille groß. Warum steht jetzt da ein Panzer auf der Straße und hat sein Rohr auf mich gerichtet? Sollte ich einen Ausnahmezustand überhört haben? Hupps!
Ich parke und werde Zeuge einer Militärparade. Die Truppen aus dem Irak werden nach der Heimkehr begrüßt. Dabei wird auf offener Straße alles präsentiert was wohl im Irak dabei war. Die Panzer stehen an den Hauptstraßen und blocken den Verkehr. Ich war selbst beim Bund und bin kein absoluter Militärgegner aber das hier ist doch echt zu martialisch.
Dann fliege ich über den Stuart Highway Richtung Süden und erreiche das 400 km entfernte Mataranka rechtzeitig um in den 34 Grad warmen Thermal-Pools noch ein Bad zu nehmen.
Noch am selben Abend erreicht mich eine Nachricht von Helge. Sie hat mit meinem Großvater telefoniert. Meine Großmutter ist in der Küche in Ohnmacht gefallen und nun wieder im Krankenhaus. Sie hatte sich vier Wochen zuvor bei einem Sturz das Handgelenk gebrochen und war danach zwei Wochen im Krankenhaus. Im Krankenhaus hatte sie schon einmal das Bewusstsein verloren. Die Ärzte konnten nichts finden und schickten sie nach Hause. Ich mache mir große Sorgen, schlafe schlecht und höre jedes Wallabie das ums Zelt hüpft. Doch im Moment kann ich nichts tun und Helge versprach dran zu bleiben.

Nun endlich…Piste

Alle anderen auf dem Zeltplatz fahren nach Norden oder Süden. Ich fahre nach Osten über den Roper Highway. Die ersten 180 km sind asphaltiert und dann kommt der große Moment… der Asphalt endet und die gut ausgebaute Schotterpiste beginnt.
Nun sind auch wieder andere Fahrtechniken gefragt. Grip gibt’s hier sehr wenig. Aber meine Reifen sind grobstollig und genau für diesen Untergrund gemacht. Ich lasse es langsam angehen.
Roper Bar ist ein Rasthaus und ein vorgeschobener Zivilisationsposten für die Farmen und die Aboriginie-Siedlungen rings herum. Als ich ankomme ist der hohe Zaun um das einsame Gebäude verschlossen. Es ist Sonntag und da öffnet die Tankstelle und der Shop erst um 13 Uhr. Ich warte eineinhalb Stunden. In diesen inspiziere ich das Motorrad und bemerke zum Glück ein kleines Leck an der Ölablassschraube. Ich ziehe sie ein wenig fester an, dann hört das Tropfen auf. Kurz vor der Zeit treffen immer mehr Autos mit Aborigines ein. Man grüßt und betrachtet mich mit Abstand. Dann wird das Tor geöffnet und ich tanke aus Sicherheitsgründen 10 Liter zu.
Der Savannah Way den ich befahre, ist eine alte Verbindungsstraße die Cairns im Osten mit Broome in Westaustralien verbindet. Es geht durch endlose Ebenen von denen jede doch anders ist. Die Piste ist zu Anfang noch recht gut. Man orientiert sich hier nur an den durchfahrenen Flüssen und Bächen. Spätestens nach 30 km kommt die nächste zu dieser Jahreszeit meist trockene oder nur teils feuchte Durchfahrt. Am Towns River sind Betonplatten durch den Fluss gelegt. Sie sind durch Algen so glatt, dass ich selbst im ersten Gang wegrutsche und das Bike kurz im wenige Zentimeter tiefen Wasser ablege. Schnell ist es wieder aufgerichtet und vorsichtig über die Furt geschoben. Ich beschließe es für heute gut sein zu lassen und im wenige Kilometer entfernten Camp am gleichnamigen Fluss zu übernachten. Ich bin dort keinesfalls allein. Eine ganze Gruppe aus Fahrzeugen steht in der Nähe. Freundlich werde ich begrüßt und man zeigt mir nach dem Zeltaufbau die Krokodile im Fluss. Es sind drei recht große Salzwasserkrokodile.
Warren und Ray bitten mich nach Sonnenuntergang rüber zu ihrem Feuer. Warren hat einen kleinen Baramundi gefangen und ich bekomme ein Stück zum Kosten. Sehr lecker und gänzlich ohne Gräten. Dann kommt noch ein anderes Paar dazu und wir erzählen noch eine ganze Zeit. Warren und Ray sind seit 11 Jahren „Rentner“ und beschäftigen sich seit dem mit Aborigine-Kunst. Sie haben sogar eine kleine Galerie in Noosa Heads und kaufen Bilder von den abgelegenen Aboriginiesiedlungen in ganz Australien. Dazu sind sie unter anderem auch jetzt unterwegs. Nugget (so nennt sich der andere Gast am Feuer) und seine Frau haben gerade ihr Haus in Mossmann (Ostküste) verkauft und sind heimatlos. Nach einer schweren Erkrankung von Ihr brauchten sie einen Tapetenwechsel und geben jetzt das Nummernschild ihres Autos als Adresse an. In Westaustralien wollen sie neu anfangen.
Dann tauschen wir alle die geplanten Routen aus. Die Ozzies brauchen wirklich keine Landkarte mehr und wissen genau, wo es was zu sehen gibt und wie die Pisten wo derzeit aussehen. Bevor ich in mein Zelt krieche zeigt mir Nugget noch die weithin reflektierenden Augen der Krokodile im Schein seiner Taschenlampe. Die eineinhalb Meter hohe und steile Uferböschung kommen sie mit Sicherheit nicht hoch. Und so vergeht die ruhige Nacht unter einem Himmel mit Millionen von Sternen.
Weiter geht es Richtung Borroloola. Wieder sind endlose Ebenen und einige kleinere Flüsse zu durchfahren. Nasse Schuhe und Socken gehören ab jetzt jeden Tag dazu. Langsam wird das Bike mit rötlichem Puder bedeckt und auch das Schaffell, das nun wieder meinen Hintern schont, bekommt eine leicht rötliche Farbe. Das mag ich!
Generell ist die Piste sehr farbenfroh. Alle Variationen von Grau wechseln mit Ockertönen und werden von Violett bis grellem Weiß(???) abgelöst. Das typische australische Rot bedeutet meist weicher Untergrund und damit Vorsicht.
Was der Australier Corragation und wir Wellblech- oder Waschbrettpiste nennen nervt manchmal wirklich. Handelt es sich nur um niedrige Waschbretter, kann man bedenkenlos drüber brettern. Aber manchmal wird es plötzlich extrem und das ganze Motorrad wird durchgeschüttelt. Dann heißt es abbremsen und am besten auf den oft sandigen Nebenstreifen ausweichen. Sand macht mir übrigens immer weniger aus. Hatte ich in Marokko vor zwei Jahren noch einen Höllenrespekt davor, so durchfahre ich die großen verspurten Sand- und Bulldust-Löcher (Sand so fein wie Mehl) ohne Angst und gar mit Freude. Generell gewöhnt man sich schnell an die zunächst ungewöhnlichen Reaktionen des Bikes auf offroad-Pisten. Das leicht versetzende Vorderrad oder schwänzelnde Heck nimmt man irgendwann nur noch als Zeichen für bestimmte Lastverlagerungen war und arbeitet gegen oder ignoriert es schlicht weg. Die Auswahl der Reifen ist aber für ein gutes und unfallfreies Fortkommen sehr wichtig. Ich bin mit den Michelin Desert sehr zufrieden. Die gehen einfach auf fast jedem Untergrund und halten auch harten Schlägen stand. Wenn ich da bei 80 km/h auf dem Weg zum Hells Gate Roadhouse einen faustgroßen Stein übersehe wird der einfach geschluckt.
Ein paar deutsche Jungs versuchen tatsächlich den Savannah Way in einem normalen Kleinbus zu befahren. Sie bleiben im Calvert River stecken und die Karre säuft im halben Meter tiefen Wasser ab. Sie sind schon von einem anderen Fahrzeug herausgezogen worden als ich ankomme und trocknen gerade den Luftfilter. Ein Blick in den Motorraum beruhigt. Das Wasser sollte Brennräume nicht erreicht haben. Ich schlage vor den Luftfilter in einem Handtuch zu „schleudern“. Das trocknet ihn fast und nach dem Wiedereinbau läuft der Van wieder. Mir selbst steht das Wasser bei der vorsichtigen Durchquerung bis kurz unter das Knie aber alles geht ohne Probleme ab.
Ich übernachte am Hells Gate Roadhouse und bekomme von den Nachbarn Informationen über die Strecken bis zum Cape York. Ein Kanadier berichtet, dass er alle vier Stoßdämpfer seines Toyotas samt einer Aufhängung zerstört hat und dazu noch die Aufhängung des Batteriekastens abgerissen ist. Mehrfach musste man ihn aus Löchern oder „Sandkisten“ ziehen. Das klingt nach interessantem Terrain! Ein älteres Farmerpaar aus Südaustralien kommt aus der selben Richtung wie ich und warten seit zwei Tagen auf ein Ersatzteil, das heute mit dem Flugzeug und dann mit dem Postmann kommen sollte. Ja, so eine gebrochene Achse am Camping-Anhänger ist hässlich aber kein Grund zur Sorge! Man hat ja Zeit.
Die immer noch bestehende Sorge um meine Großmutter treibt mich zuletzt 400 km über Burketown nach Normanton, wo ich mir endlich Handyempfang verspreche. Ich lasse es auf den nun besseren Pisten bis 90 km/h laufen. Handyempfang gibt es auch hier für mich nicht aber eine E-Mail von Helge lässt mich schließlich aufatmen. Es geht meiner Großmutter gut und sie wird aus dem Krankenhaus entlassen. Ich bin sehr erleichtert.
Da die vergangenen fünf Tage viel Kraft gekostet haben, lege ich einen „Fress- und Ausruhtag“ ein. Im Purple Pub sitze ich für Stunden und schreibe bei einer Cola an meinem Blog. Dann geht es zum Abkühlen in den Pool. Ich denke solche Rasttage brauche ich regelmäßig, sonst muss ich mir wieder anhören wie sehr ich abgenommen habe.


Ja ok, dann mach ich mal Platz!


Mataranka Thermal Pools...nice!


Wo die Straße endet...


Roper Bar Roadhouse


Eine Nacht am Towns River


Lost Southern City...eine Gesteinsformation wie eine Skyline...


Outback-Australier neigen zu eigenartigen Scherzen...die Sonne...naja


Die vier deutschen Jungs und der Fluß...nochmal gut gegangen


Irgendwie ist allen klar wer wo hin gehört...


Das leuchtet ein!


Da geht was!

1 Kommentar:

Schäfchen hat gesagt…

Mähh...
lese ich heute Abend, jetzt erst mal Beach-Volley zocken....mäh